24. Spieltag 1991/92: Spandauer SV 1894 - FC Berlin 2:0

FC Berlin verzweifelte an Schramm
Nicht immer mag stimmen, was der frühere SSV-Vorsitzende Horst Trempel sagt. Hier aber traf der aufmerksame Stehplätzler den Nagel schon zur Pause auf den Kopf: "Nun seht ihr, wer Berlins bester Tormann ist!" Wie Michael Schramm Schüsse von Pronischew (2.), Rambow (13.), einen Kopfball von Brestrich (16.), einen Kopfball von Pronischew (38.) und Hennigs Kopfball (70.) wegboxte, fing oder zurückschlug - das war schon Extraklasse. Schramms Gesamtleistung war freilich nur das berühmte I-Tüpfelchen auf eine mannschaftliche Leistung, die gleichermaßen im Taktischen wie im Kämpferischen begründet war. Möglich, daß sich die Mannschaft am sagenhaften Weitschuß von Schlegel begeisterte, nun zu einer konsequenten Haltung fand, die den spielerisch und technisch überlegenen Gegner zu immer mehr Umwegen zwang.

So legten die Kleinen Kowal und Jäger ihre Gegenspieler Tolkmitt und Pronischew mehr und mehr an die Kette, sorgte der routinierte Schlegel im Mittelfeld für ein gewisses Gleichgewicht und ärgerten die nie aufsteckenden "Spitzen" Brandt und Lukowicz mehr und mehr ihre Bewacher Reckmann und Lenz. Als erst Brandt fürs 2:0 gesorgt hatte (FC-Trainer Bogs: "Abseitsverdächtig!"), mochte man die heraufziehende Sensation ahnen. So blieben die Blauschwarzen zwar auch im zweiten Abschnitt im Felde überlegen, doch ließ ihr Elan vor Schramms Strafraum mehr und mehr nach. Da konnten die SSVer durch Schlegel, der nach einem Solo längs am Tor vorbeischoß (81.), und denselben Mann (84.), mit Scharfschuß einen Eckball erzwingend, sogar 3:0-Möglichkeiten herausholen. Was freilich die Gegebenheiten bei 12:6 (8:4) Torchancen für den FCB noch weniger entsprochen hätte.

Mag auch sein, daß die Ostberliner den Gegner nach Lage der Dinge ein wenig unterschätzt hatten. Ihr vergleichsweise "maschinenartiges" Kombinationsspiel hätte da schon einer tempomäßigen Steigerung bedurft. Dazu waren sie aber bei der konsequenten Deckungsart der Spandauer nicht mehr in der Lage. Sicher, ein glückhafter Treffer zum 1:2 hätte noch einmal einen Umschwung bringen können. Rambow (58., Boldt rettete auf der Linie), Backs (79.), der vorbeischoß, und Hennig (86.), der drüber drosch, verpaßten es. Im zahlreich vertretenen TeBe-Anhang registrierte man das 2:0 als eine Doppelfeier "Weihnachten und Ostern zusammen". Die faire Partie verwöhnte in beiden Teilen sicher auch verwöhntere Oberliga-Kritiker, was naturgemäß weniger für den Teil der ständigen FC Berlin-Begleiter zutreffen mag.

Spandauer SV 1894:
Schramm; Schulz; Kowal, Jäger; Kieback (76. Wollnick), Schlegel, Boldt, Gentsch, Tusch; Brandt (87. Polenski), Lukowicz
FC Berlin:
Nofz; Mahnke; Lenz, Reckmann; Fügner (56. Hennig), Backasch, Rambow, Backs, Brestrich; Tolkmitt, Pronischew

1:0 Schlegel           ( 5.)
2:0 Brandt             (31.)

Schiedsrichter:        Augar (Berlin)
Zuschauer:             581

Lutz Rosenzweig, Fußballwoche, 09.03.1992