16. Spieltag 1989/90: 1. FC Magdeburg - FC Berlin 3:1

Spitzen "Spitze"
Reich am Boden - Rösler in der Luft. Das war nicht die Situation in einem unmittelbaren Duell, doch symptomatisch als erste Vorentscheidung. Während nämlich der Bewacher und Vorstopper vom FCB hinter dem Tor behandelt wurde (und doch nicht wiederkam), nutzte der Magdeburger Youngster die Freiheit - "Ersatzdecker" Anders paßte nicht auf - zur Führung, die er später bei der zweiten Vorentscheidung, als Wuckel seinen Schatten Herzog abschüttelte und temperiert flankte, ebenfalls per Kopf ausbaute. "Meine Stärke sind die Kopfbälle eigentlich nicht. Kein Vergleich mit Stahmann", so der zweifache Goalgetter. Dessen Mit-Spitze Wuckel ließ sich nicht lumpen und steuerte zum Magdeburger Regen-Freuden-Fest seinen Senf mit einem 25-Meter-Aufsetzertor bei. Das taktische Kalkül beider Teams wäre schnell erklärt, wenn nicht die Berliner zu ungewollten Veränderungen gezwungen gewesen wären.

Streich schaute einen Moment zu, dann beorderte er den jungen Grempler in das Mittelfeld als "Auffänger" für Ernst. Schuster gegen Anders und Siersleben gegen Doll. "Da hat der Frank gegen einen Klassemann doch gut bestanden", sagte der FCM-Coach. Auf meine Frage, ob doch nicht mehr Schnelligkeit gegen den Berliner angebracht wäre, meinte "Strich" entwaffnend: "Frank ist doch der Schnellste." Bliebe zu registrieren, daß seine Mannen vor der Führung schon in Rückstand geraten hätten können (ja, müssen). Doch nach Solo traf Doll nur ans Außennetz (18.), und nach Dolls Vorlage schoß Küttner wie ein Erstling auf dem Jahrmarkt in die Wolken (25.). "Na, dann werde ich mir das noch einmal per Video ansehen", so Streichs letzter Satz. Was tun? Sprach Peter Rohde, als Reich davonhumpelte (Sprunggelenk oder Mittelfuß).

Er schickte Lenz auf den Platz, doch der hatte gerade 90 Minuten Nachwuchs in den Beinen. "Passiert nicht wieder. Aber mit Abwehrveränderungen hatte ich nicht gerechnet, höchstens nach vorn was zu riskieren", sinnierte der Trainer. Doch dazu kam er nicht, denn zur Pause mußte sein Bruder Frank wegen einer wieder aufgebrochenen Oberschenkelverletzung passen. Kannten Sie, verehrter Leser, bisher ein FCB-Deckungszentrum Lenz-Buder-Herzog? Wohl kaum. Die Berliner präsentierten es. Daran lag die Niederlage aber nicht, wohl mehr, daß der Berliner Klub erst nach Anders Kopfballtor nach vorn mehr wollte. Doch da war der FCM schon obenauf. Auf den Boden bekam ihn niemand mehr.

1. FC Magdeburg:
Heyne; Stahmann; Schuster, Siersleben; Enge (82. Cebulla), Köhler, Grempler, Steinbach, Minkwitz; Wuckel, Rösler (89. Landrath)
FC Berlin:
Kosche; Rohde (46. Strecker); Reich (29. Lenz), Herzog, Ksienzyk; Bonan, Buder, Ernst, Küttner; Anders, Doll

1:0 Rösler             (27.)
2:0 Rösler             (36.)
3:0 Wuckel             (69.)
3:1 Anders             (73.)

Schiedsrichter:        Roßner (Gera)
Zuschauer:             6.000


Jürgen Nöldner, Neue Fußballwoche, 13.03.1990