02. Spieltag 1989/90: BSG Stahl Brandenburg - BFC Dynamo 1:1

Moral getankt
Vor den Preis haben die Götter noch immer den Schweiß gesetzt. Bei über 30 Grad stechender Hitze durfte das in Brandenburg wörtlich genommen werden. Normalerweise verschreibt man sich bei derartiger "Klärchen"-Glut rationellem, ballsicherem Fußball. Kraftsparend? Nicht bei Ringk und Co. "Wir wollen keinen 0:4-Start." Gerd Struppert ließ keinen Raum für Zeitvergeudung für ein defensives Hinhalten des hauptstädtischen Favoriten. Freund und Pahlke standen zwar so oft als möglich Thom und Doll auf den Hacken, ihre Kreise vollends einzuengen, hätte es schon der gleichen Spritzigkeit der beiden Flitzer bedurft. Klug zwischen taktischem Risiko in der Offensive und größtmöglicher Absicherung in der Deckung zu balancieren, fiel Stahl nicht leicht.

Beiderseits fehlte im Mittelfeld der große spielerische Schub, die alles verändernde Inspiration, die das Spiel aus den technischen Niederungen heraus zur Klasse geführt hätte. Aber wie sich die Akteure in den Kampf warfen, das imponierte andererseits nicht minder. Respekt vor ihren moralischen Qualitäten, ihrer Unermüdlichkeit in Zweikämpfen, ihren Angriffsversuchen. "Ich bin mit dem Ergebnis nicht zufrieden. Thoms ausgelassene Chancen rächten sich", resümierte Helmut Jäschke sichtlich verärgert. Ein "Unhaltbarer" schlug Zimmer, zweimal gewann der Oberliga-Oldtimer (am Mittwoch wird er 36 Jahre!) das hochbrisante Duell gegen den Berliner Macher Nr. 1. Thom konnte es selbst kaum fassen. Moralisch stand die Punkteteilung für Stahl höher im Kurs, obwohl es auch im 11. Vergleich mit den berlinern zu keinem Sieg langte.

BSG Stahl Brandenburg:
Zimmer; Ringk; Freund, Pahlke; Lange, Lindner, Janotta (70. Bletsch), Zschiedrich, Demuth (65. Pfahl); Jeske, Voß
BFC Dynamo:
Rudwaleit; Reich; B. Schulz, Herzog, Köller, Ksienzyk; Ernst, Bonan, Fügner (74. Buder); Thom, Doll

0:1 Thom               (60.)
1:1 Pfahl              (88.)

Schiedsrichter:        Gläser (Breitungen)
Zuschauer:             10.500

Günter Simon, Neue Fußballwoche, 22.08.1989