21. Spieltag 1988/89: BFC Dynamo - BSG Sachsenring Zwickau 1:0

Frühjahrsmüdigkeit überall
Man kann die Sache mit der Frühjahrsmüdigkeit auch übertreiben. So geschehen in diesem Punktspiel, bei dem nicht nur die Zuschauer, sondern auch die Spieler ab und an ins Gähnen kamen. Den Zwickauern kann man den Vorwurf nicht ersparen, ihre Chancen gegen einen erheblich unter Form spielenden BFC nicht genutzt zu haben. Daß Sachsenring-Trainer Udo Schmuck hinterher von der Absicht seiner Mannschaft sprach, "in Berlin einen Punkt holen zu wollen", wirkte so nicht anders als eine plakative Absichtserklärung, die mit Ausnahme der letzten Viertelstunde höchst selten versucht wurde, in die Tat umzusetzen. Dazu legten die Gäste einfach zu viel Respekt an den Tag. Insbesondere die beiden Angreifer Mitzscherling und Schreiber erlebten in dieser Meisterschaft schon weitaus eindrucksvollere Tage.

Auch Göldner und Wagner waren bei weitem nicht in der Verfassung, wie das angesichts der Tabellensituation nötig gewesen wäre. Blieben eigentlich nur Glowatzky und Neumann aus dem grau herauszuheben. Zu wenig, um die Berliner ernsthaft in Verlegenheit zu bringen. Die spielten auch an der "Schmerzgrenze". "Ein desolates Mittelfeld. Jeder rannte mit dem Ball, solange er konnte. Im Grunde blieben nur Einzelleistungen zu registrieren", kommentierte Trainer Jürgen Bogs den "Auftritt" seiner Mannen, der im Hinblick auf das sicherlich meisterschaftsentscheidende Duell am Mittwoch gegen Dresden nicht gerade Euphorie im Berliner Lager aufkommen ließ. Pfiffe für Thom, der sich einfach nicht vom Ball trennen wollte und ihn ein ums andere Mal verlor. Backs und Küttner nicht zu sehen. Die Jungen, mit der Chance, sich einen Platz ganz oben zu sichern, mit erstaunlich wenig Engagement.

So präsentierte sich der Meister! Allerdings auch mit der Ausnahme Doll. Der Berliner Angreifer kümmerte sich erfreulicherweise in keiner Weise um das höchst bescheidene Niveau dieses Spiels, versuchte immer wieder, den Spiel- und Kombinationsfaden zu knüpfen. Er tat das mit bewundernswerter Energie und Geduld bis in die Schlußphase, auch wenn er bei seinen Mitspielern so gut wie keine Gegenliebe fand. Udo Schmuck, gefragt, wieviel Punkte bei der gegenwärtigen Konstellation für den Klassenerhalt notwendig seien, , gab 23 an. Diese Hochrechnung muß nicht stimmen, aber entscheidend weniger werden es kaum sein. Dies als Prämisse gesetzt, wird nun die Aufgabe für Sachsenring fast unlösbar. Wunder sind auch im Fußball ganz, ganz selten...

BFC Dynamo:
Rudwaleit; Rohde; Zöphel, B. Schulz; Reich, Backs (69. Anders), Küttner (62. Strecker), Albrecht, Fügner; Doll, Thom
BSG Sachsenring Zwickau:
Neumann; Babik; Wagner, Pohl; Leonhardt, Göldner (60. Rother), Viertel, Glowatzky, Bielau; Mitzscherling (77. Steinborn), Schreiber

1:0 Doll               (32.)

Schiedsrichter:        Eßbach (Leipzig)
Zuschauer:             3.000


Rainer Nachtigall, Neue Fußballwoche, 03.05.1989