19. Spieltag 1988/89: BFC Dynamo - SG Dynamo Dresden 1:1

Dynamo-Druck mit Zutaten
Der Zuschauer ein sensibler Gradmesser! Beim ewig jungen Dynamo-Duell bestätigte es sich wieder einmal, denn ein erwartungsfroh, gutgefülltes Rund im Jahn-Stadion wollte beim Nachholespiel endlich wieder einmal bessere Kost geboten bekommen. An Zutaten hatte es in den Vergleichen der beiden Dynamos in den vergangenen Jahrzehnten nicht gefehlt, weil es nicht selten um hochbrisante, entscheidende Meisterschaftspunkte ging. Diese Zutat fehlte eigentlich diesmal, ist doch der Zug der Titelverteidigung für den BFC bereits abgefahren gewesen, und die Dresdener befinden sich wohl nur noch auf der Suche nach einem geeigneten Meisterfeiertag. Selbst einmal kleine Prestigegedanken in den Hinterköpfen akzeptiert, konnte nur Spiel und Kampf, niemals Krampf das Bestimmende sein. Ein Merkmal, das sich zur Erbauung bestätigte. Der schwarz-gelbe Rhythmus litt nicht unter den Umbesetzungen.

Geyer hielt an seiner Viererkette fest, bestimmte nur positionelle Veränderungen, setzte Döschner als Decker von Thom an, um dem BFC die Gefährlichkeit zu nehmen. Thom startete trotzdem seine Attacken, fand in Doll den geeigneten Partner. Doch die Dresdner machten vorerst den gefälligeren Eindruck. Hauptmanns Zonendeckung auf der rechten Seite gestattete ihm naturgemäß Freiheiten im Vorwärtsdrang. Sammer bestätigte mit selbstbewußten Aktionen und schnellen Antritten seine guten spielerischen Mittelfeldleistungen. Und vorn zog Kirsten einige Male auf und davon, als wären die BFC-Abwehrmänner für ihn nicht sichtbar. Die Führung der Gäste war mehr als verdient, aber auch schon ausreichend? Diese Frage beantwortete der Gastgeber nach dem Wechsel auf seine Art. Er attackierte nämlich plötzlich energischer, griff früher an, erkämpfte sich mehr Bälle, spielte zügiger, zumal Rohde nun wieder in der (Not-)Mittelfeldrolle seine Antreiber- und Kämpferqualitäten ausspielen konnte, Strecker, erstmals auf so lange Dauer auf dem Oberligaplatz, sein Talent für den genauen Paß demonstrierte.

Was vor dem Wechsel Rudwaleit zu parieren hatte, mußte nun Teuber an gleicher Stelle tun. Aber gegen den trockenen Küttner-Schuß besaß er ebensowenig eine Chance, wie der "Lange" bei der Kirsten-Aktion. Der "Schwarze" ging nach knapp 70 Minuten und bekam verdienten Beifall, weil er den Zuschauern etwas geboten hatte. Die 18.500 verlebten einen angenehmen Abend, vielleicht die prozentualen Spielanteile der neunzig Minuten in ungewöhnliche 60:30 für die Gäste zerlegend. Doch viele werden sich auch gefragt haben, wie gut erst wäre das Spiel geworden, hätten beide Teams über die gesamte Spielzeit an ihre besten Minuten angeknüpft? Dahin muß es eben gelangen, dann braucht der Zuschauer sein kommen nicht lange zu überlegen.

BFC Dynamo:
Rudwaleit; Rohde; Zöphel, B. Schulz, Ksienzyk; Reich, Fügner, Küttner, Strecker; Doll, Thom
SG Dynamo Dresden:
Teuber; Lieberam; Büttner, Kirchner (78. Sack), Döschner, Hauptmann; Stübner, Minge, Sammer; Gütschow, Kirsten (69. Jähnig)

0:1 Kirsten            (31.)
1:1 Küttner            (56.)

Schiedsrichter:        Kirschen (Frankfurt (Oder))
Zuschauer:             18.500


Jürgen Nöldner, Neue Fußballwoche, 09.05.1989