13. Spieltag 1988/89: FC Hansa Rostock - BFC Dynamo 1:0

Lange Kerls mit Auswärtstaktik
Die Hanseaten, die sich in den zurückliegenden Jahren mit steter Regelmäßigkeit durch Übereifer gegen den Meister "heiße Köpfe" geholt und klassisch ausgekontert worden waren, versuchten es diesmal nicht mit der Brechstange. Und damit waren sie gut beraten in dieser Partie, die vor "heißer" Kulisse vorrangig im Zeichen von Einsatzschärfe, bedingungslosem Engagement und Hingabe stand. "Unser Erfolg, lange ersehnt, baute sich auf ein wenig Glück, auf viel Disziplin und Leidenschaft auf." So der wie alle strahlende Werner Voigt, dessen "Auswärtstaktik", wie er selbst gestand, von seinen "langen Kerls", die all ihre athletischen Vorteile resolut und entschlossen, hier und da überzogen (Jarohs, Wahl, Babendererde) einsetzten, musterhaft umgesetzt wurde. Wahl rückte eingedenk der Kopfballstärke Pastors in die Mitte neben Alms in die Vierer-Abwehrkette. Weilandt lieferte hier rechts auf ungewohnter Position das beste, weil fairste Duell gegen Thom.

Schlünz, unmittelbar vor, und März, hinter der Sperrkette postiert, fungierten als Organisatoren; Wunderlich und Babendererde vollbrachten die größten Laufleistungen im Mittelfeld, das zumeist mit Langpässen auf Jarohs und Röhrich überbrückt wurde. Und das war auf dem holprig-harten Geläuf ein weitaus wirksameren Rezept als das langatmige, breite Kurzpaßspiel des Meisters, das folgerichtig vor der Pause eine viel zu hohe Fehlerquote in sich barg. Unübersehbar auch, der unermüdliche Rackerer Röhrich wußte zuerst mehr Gegenspieler zu beschäftigen als Thom und Doll (gegen Ullrich) zusammen. Das lag nicht zuletzt am Herumirren von Pastor. Er tauchte nämlich lange Zeit überall auf, nur nicht dort, wo er sein sollte, wo er die Hansa-Abwehr beschäftigen, Thom-Doll entlasten mußte, nämlich im Angriffszentrum. Erstaunlich auch die lange Anlaufzeit, die der BFC auf diesem Boden und zum alles entschlossenen Kontrahenten benötigte, ohne das Fehlen von Ernst je kaschieren zu können. Und das bestrafte Hansa, bereits die zweite und letzte Chance (!) nutzend, mit dem entscheidenden Tor.

Wunderlich-Jarohs bereiteten es vor, Babendererde urplötzlich vorn zur Stelle, erzielte es mit Übersicht, die zuvor Köller (1.) - scheiterte durchlaufend an Kunath - und Thom (27.) - jagte die unfreiwillige Kopfballvorlage von März über den Kasten - abgegangen war. Daß die Berliner im zweiten Abschnitte mehr oder minder klar die Szene beherrschten, weitere Möglichkeiten besaßen, hatte gleich mehrere Ursachen. Zum einen fügte sich Zöphel für Ksienzyk (Fraktur des Mittelfußes) gut ein, später auch Reich. Er übernahm die Libero-Rolle von Rohde, der nun im Mittelfeld zum Antreiber wurde. Dank seiner individuellen Klasse brannte es auch mehrfach vor dem Tor der Hanseaten. Aber Thom und Küttner scheiterten aus besten Positionen an Kunath. Doll brachte per Kopf zwar den Ball am Schlußmann, nicht aber an dem auf der Linie postierten Wunderlich vorbei (55.). Und schließlich klatschte Pastors Kopfball nur an die Lattenunterkante (89.).

FC Hansa Rostock:
Kunath; März; Weilandt, Wahl, Alms, Ullrich; Wunderlich, Babendererde, Schlünz, Röhrich, Jarohs (89. Fuchs)
BFC Dynamo:
Rudwaleit; Rohde; Herzog, Ksienzyk (19. Zöphel), Köller; Backs, Küttner, M. Schulz (67. Reich); Doll, Pastor, Thom

1:0 Babendererde       (32.)

Schiedsrichter:        Bußhardt (Karl-Marx-Stadt)
Zuschauer:             23.000


Klaus Thiemann, Neue Fußballwoche, 06.12.1988