12. Spieltag 1988/89: BFC Dynamo - FC Carl Zeiss Jena 1:1

Fast ein Sieg wie anno ´73
Preisfrage: Was eigentlich zeichnet eine Spitzenmannschaft aus? Antwort: Auch daß sie gelegentlich schwächere Spiele gewinnt! So gesehen ist der BFC, der sich in seinen zehn Meisterjahren noch stets dahingehend abhob, mit den relativ geringsten Leistungsschwankungen über die 26-Spiele-Serie zu gelangen, dabei, sich sogar aus der DDR-Spitze zu verabschieden. Im siebenten Heimspiel gab er den sechsten Punkt ab, kam somit im fünften "schwachen Heimspiel" nicht zum Sieg. Diese nüchternen Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Und sie ernüchtern! "Ja, wir müssen um unsere Position in der DDR-Spitze fürchten", bekannte Jürgen Bogs. So jedenfalls, wie man sich gegen Jena vorstellte, verändert zwar in der Besetzung, nicht aber in der Spielweise im Vergleich zum jüngsten 0:2 gegen Lok, kann der Abstieg aus einstigen Höhen nur programmiert sein.

Auch wenn die Gäste aus dem Saaletal (ohne die verletzten Röser, Meixner) eine grundsolide Auswärtsvorstellung boten, nach Trainer Kurbjuweit sogar "so gut wie lange nicht, mutig und geschickt das Spiel nach vorn gestalteten", am Champion selbst lag es in erster Linie, daß er wenig von dem bot, was im Vorjahr dem Kontrahenten noch eine 0:5-Packung eingebracht hatte. Viel hat nicht gefehlt, und Jena hätte durch Peter Ducke grüßen lassen. Der "schwarze Peter" nämlich war es, der 1973 mit zwei Toren letztmalig dem BFC in Berlin eine Nase gedreht hatte. Da schrieb man den 30. Vergleich beider Kontrahenten. Nun, im "kleinen Jubiläum" (dem 60.), fast eine Wiederholung. Jürgen Raab, mit glänzendem Freistoß das 1:1 erzielend (auch wenn Rudwaleit dabei Pate stand), erwischte eine Eingabe (78.) zum 2:1 nicht richtig, "so kam der lange noch heran", ärgerte sich Jenas Regisseur, der sich im Mittelfeld mit Nebenmann Peschke (schirmte im defensiven Part die Räume ab) gut ergänzte.

Bereits vor der Pause hatten Stolz (12., volley) und Ludwig (27.) Schüsse aus bester Position nur knapp warnend über die Latte gesetzt, aber als dann im ohnehin wenig geordneten Spiel des BFC nach Riesenmöglichkeiten von Anders (40.), Backs (50.), Küttner (61.) auch Ernst noch eine Strafstoßchance (63.) versiebte (Bräutigam: "Ich hatte auf die richtige Ecke spekuliert"), war das totale Durcheinander angesagt. Uns scheint, konfuses Spiel und verpatzte Torsituationen sind Symptome, nicht Ursachen für Unstimmigkeit in den BFC-Reihen. Wer da noch von Pech spricht, macht sich (und anderen) etwas vor.

BFC Dynamo:
Rudwaleit; Rohde; Ksienzyk, Herzog, Zöphel; Küttner, Ernst, Backs (82. Reich); Doll, Anders (72. M. Schulz), Thom
FC Carl Zeiss Jena:
Bräutigam; Pittelkow; Penzel (68. Schilling), Ludwig, Szepanski; Böger, Raab, Peschke, Stolz; Merkel (61. Sträßer), Weber

1:0 Doll             (36.)
1:1 Raab             (65.)

Schiedsrichter:      Stenzel (Forst)
Zuschauer:           4.000

Horst Friedemann, Neue Fußballwoche, 29.11.1988