11. Spieltag 1988/89: BSG Energie Cottbus - BFC Dynamo 0:2

Alte Regel wieder bestätigt
Wohl für keine Mannschaft unserer Oberliga trifft jene Regel, wonach ein angeschlagener Boxer doppelt gefährlich ist, so zu wie für den BFC. Gerade in besonders brenzligen Situationen, und die war angesichts der Nackenschläge in jüngster Vergangenheit wohl durchaus gegeben, fand er bisher stets zu gewohnter Stärke zurück. Ähnlich diesmal in Cottbus, wo der Meister beim bekannt heimstarken Neuling (zuvor noch ungeschlagen) einen wichtigen Sieg landete. Um es vorwegzunehmen, der Erfolg geht auch in Ordnung, weil "die Gäste die reifere Spielanlage aufwiesen und die klareren Chancen besaßen", wie es DFV-Beobachter Manfred Zapf sah. Energies optische Überlegenheit täuschte einen Druck vor, den es eigentlich nur selten gab. Denn in den Angriffsbemühungen des Aufsteigers gab es doch einige Ecken und Kanten.

"Wir vernachlässigten das Spiel über die Flügel", nannte Trainer Fritz Bohla als neuralgischen Punkt. In der Tat versuchten es seine Schützlinge zu oft mit Gewalt und durch die Mitte. Dort aber hatten die Berliner ein Bollwerk mit dem sicheren Rudwaleit und einem umsichtigen Libero Rohde an der Spitze errichtet, welches sich für die Lausitzer schlichtweg als eine Nummer zu groß erwies. Daß der Meister dann im Umkehrspiel seine Stärken ausspielt, ist ja hinlänglich bekannt. Und es war auch diesmal zu sehen, vornehmlich wenn Ernst am Ball war, mit genauen Pässen die Spitzen ins Laufen brachte. Mit dem Führungstreffer im Rücken hatte man eigentlich nie den Eindruck, daß die Gäste das Spiel noch verlieren könnten, auch wenn die endgültige Entscheidung dann erst in den Schlußminuten fiel.

 "Wir mußten schon früher aller Sorgen ledig sein, spielten aber unsere Konter nicht zielstrebig genug aus", charakterisierte Trainer Jürgen Bogs die Endphase, in der man auf den zweiten Treffer der Berliner fast warten konnte. Daß die Zuschauer, Energie kann auf diese Kulisse wirklich stolz sein (allerdings sollte man sich auch jene, die mit Wurfgeschossen nach Gästespielern zielten, vornehmen), enttäuscht nach Hause gingen, hatte allerdings nicht nur mit der Niederlage an sich zu tun. Über weite Strecken nämlich bekamen sie nicht das, was man ein amüsantes und gutes Fußballspiel nennt, zu sehen. Der Begriff "Spiel" blieb phasenweise (vor allem gegen Ende der ersten Hälfte) fast völlig auf der Strecke, vielmehr war es ein erbitterter Fight um jeden Meter Boden. Und da ging es dann leider auch nicht immer sauber zu, und das Freistoßverhältnis sowie die Verwarnungen belegen, daß die größten Sünder diesmal in den Reihen der Berliner standen.

BSG Energie Cottbus:
Klimpel; Vogel; Schneider, Melzig, Pohland; Irrgang, Burow (69. Minkwitz), Flügel (59. Fandrich), Hackbusch; Besser, Sander
BFC Dynamo:
Rudwaleit; Rohde; Ksienzyk, Köller, Herzog; Backs (76. M. Schulz), Ernst, Küttner; Doll, Thom, Anders (82. Reich)

0:1 Küttner          (25.)
0:2 Reich            (87.)

Schiedsrichter:      Scheurell (Wusterhausen)
Zuschauer:           7.500

Sascha Stolz, Neue Fußballwoche, 15.11.1988