10. Spieltag 1988/89: BFC Dynamo - 1. FC Lok Leipzig 0:2

1. FCL setzte die Akzente
m Ausspruch von Lok-Trainer Hans-Ulrich Thomale steckte die ganze Wahrheit zu dieser vom Vizemeister eindeutig geprägten Partie: "Sicheres, kluges Abwehrverhalten muß die Grundlage für erfolgversprechenden Angriffsfußball legen." Das war es, was seine Elf so überzeugend demonstrierte! Klare Abgrenzung in den Spielkonzeptionen beider Mannschaften: Der 1. FCL selbstbewußt, engagiert und couragiert, der Titelverteidiger mit bestenfalls schemenhaften Anzeichen einer siegbewußten und orientierten Einstellung. In ungewohnter Formation mit Herzog in der Rolle des linken Mittelfeldakteurs beginnend, rang er durchgängig um Harmonie, die der Kontrahent vom ersten Augenblick an ins Feld führte. Unter dem von Assistenztrainer Gunter Böhme signalisierten Aspekt, "Breschen über die Flügel zu schlagen, den BFC im Zentrum durch die energisch nachstoßenden Spieler der zweiten Reihe zu schwächen, zu entwaffnen".

Lok war der Chef im fremden Ring! In der Abstimmung und Tempodosierung klar überlegen, waren die aus der Tiefe geschlagenen Steilpässe auf die rechts wie links davonziehenden Marschall und Zimmerling gift für die in der Deckungsarbeit aus dem Mittelfeld heraus kaum wirkungsvoll entlasteten BFC-Verteidiger. Ksienzyk befand sich in einer ständigen Treibjagd! "Die Leipziger spielten flüssiger, bewegungsstärker, in der Spitze drangvoller und variabler. Am Ausgang dieser Partie ist nichts, aber auch gar nichts in Zweifel zu stellen", so BFC-Trainer Jürgen Bogs mit gebührendem Respekt. Ohne selbst positionelle Ausgewogenheit zu erreichen, Ansätze in deckungsöffnenden Aktionen über die rechte Seite (M. Schulz) auszubauen, sich dem energischen Zugriff der Blau-Gelben mit individuell anspruchsvollen Leistungen entziehen zu können, traten die Berliner systematisch die Flucht nach hinten und damit in die taktische Ausweglosigkeit an.

Zusätzlich aufgemuntert durch Bredows Distanzschuß an die Unterkante der Latte (30.), boten die Messestädter über 20 Minuten der ersten Halbzeit hinweg eine mustergültige Studie dafür, wie variable Akzente in der Offensive gesetzt werden sollten. Bodo Rudwaleit, bei vier gegnerischen Großchancen im Blickpunkt der Geschehnisse stehend, gestand später freimütig: "Lok stürmte, schoß und flankte aus allen Situationen beängstigend." Um den einleitenden Satz von Thomale auch dahingehend zu präzisieren: Gestützt auf eine Abwehr mit Müller als fehlerlos reagierendem Schlußmann in jenen Momenten, in denen sich der Meister wie dann nach der Halbzeit über Ernst, Thom endlich etwas druckvoller freispielte. Klug, aufmerksam in den Räumen postiert und von Libero Baum in der unnachgiebigen Zweikampfführung bestärkt, ließ sie sich nicht ausmanövrieren. Denn bei allem, was der BFC versuchte, blieb sein Spiel ungeordnet, in der vernünftig dosierten Aufgabenteilung unter Niveau. So besaß er zwar Chancen zu einem Tor (67., 71. Ernst/Thom und dann erneut Ernst), aber niemals zu einem Sieg!

BFC Dynamo:
Rudwaleit; Rohde; Ksienzyk, Köller, Reich; M. Schulz (69. Pastor), Ernst, Küttner, Herzog; Doll, Thom
1. FC Lok Leipzig:
Müller; Baum; Kracht, Lindner, Kreer; Bredow, Halata, Scholz (88. Barylla), Liebers; Zimmerling, Marschall (77. Edmond)

0:1 Marschall        (60.)
0:2 Zimmerling       (85.)

Schiedsrichter:      Scheurell (Wusterhausen)
Zuschauer:           7.500

Dieter Buchspieß, Neue Fußballwoche, 08.11.1988