07. Spieltag 1988/89: BFC Dynamo - BSG Stahl Brandenburg 2:0

Hängende Flügel und Köpfe
Stahl gehörte vor diesem 7. Spieltag zu jenen drei, die auswärts noch ohne Punktgewinn geblieben waren, der BFC zu den zwei, die zu Hause noch keinen Sieg feiern konnten. Nun korrigierte der Meister dies, aber das Resultat blieb wohl ausschließlich als Quell der Freude. Zufrieden nämlich mit den angebotenen Leistungen konnte allenfalls der Gast sein, der sich 20 Minuten lang putzmunter im BFC-Strafraum tummelte und Rudwaleit so wachmachte, daß er letztlich (nahezu) als einziger Trainer-Lob ernten konnte. Gerade noch mit dem großen Zeh rettete der Hüne, als Jeske die wohl dickste Brandenburger Chance (12.) geschenkt bekam. Nach Rohdes Risiko- und Fehlpaß tauchte er mutterseelenallein vor dem BFC-Tor auf, wählte die kurze Ecke. Wie gesagt, ein Zeh war ihm im Wege. Diese und andere Stahl-Möglichkeiten schreckten in den Reihen der Weinroten keinen auf.

Sie spielten, als hätten sie keine der vielen Nachtstunden vor dem Olympia-Bildschirm ausgelassen, müde, verträumt, unkonzentriert, sogar leidenschaftslos. Ein Schatten von dem, was da aus dem EC-Spiel gegen Bremen in schönster Erinnerung war. Mithin - die Chance, sich für das Rückspiel ernsthaft zu testen, ein bißchen Seelen-Selbstmassage und Zuschauerwerbung zu betreiben, die wurde so kläglich vertan, wie das Peter Kohl von den Chancen seiner Elf sagte. Es mutete schon erstaunlich an, welche Probleme sich da um und bei Rohde (in Dresden noch mit der Höchstnote bewertet) auftaten, als sich bei Stahl einzig Voß als Stoßkeil zur Manndeckung anbot, während U. Schulz, auffällig wie kein anderer im Feld, und Jeske als sogenannte "hängende Flügel" weite Räume und Wege an den Seiten offen ließen.

Und wenn dann noch laut Konzept mal Lindner, mal Janotta, auch der offensivfreudige Demuth gleichermaßen unverhofft wie regelmäßig vorn aufblitzten, schien oft guter Rat teuer. Rudwaleit (so als Rohde beim weiten Flugball von U. Schulz zu Lindner falsch distanzierte/50.) hatte noch stets einen parat. Nur zu verständlich, daß die "hängenden Flügel" mit hängenden Köpfen vom Platz gingen. "Derart anfällig kriegen wir den Meister wohl nicht so schnell wieder", ärgerten sich wie Uwe Schulz wohl alle. Natürlich, wer sehen wollte, sah, daß da Thom, Ernst und Rohde allerlei draufhaben. Aber dies in zwingende Angriffsaktionen münden zu lassen, in 90 Minuten konzentriertes, engagiertes Spiel, davon waren auch (oder gerade) sie weit entfernt. Ja, Thom suchte sein Betätigungsfeld letztlich häufiger am eigenen als am gegnerischen 11-Meter-Punkt. Wozu? Die Antwort weiß allein der Wind. Auch Jürgen Bogs sah sich überfragt: "Wenn's möglich gewesen wäre, ich hätte nicht nur zwei ausgewechselt."

BFC Dynamo:
Rudwaleit; Rohde; Herzog, Köller, Reich; M. Schulz (70. Backs), Ernst, Küttner (70. B. Schulz); Pastor, Doll, Thom
BSG Stahl Brandenburg:
Zimmer; Ringk; Demuth, Pahlke, Pfahl; Jeske, Janotta, Lindner, Lange (74. Wiedemann), U. Schulz; Voß

1:0 Pastor           (40.)
2:0 Ernst            (76.)

Schiedsrichter:      Heynemann (Magdeburg)
Zuschauer:           5.000

Horst Friedemann, Neues Deutschland, 04.10.1988