22. Spieltag 1986/87: BSG Fortschritt Bischofswerda - BFC Dynamo 2:0

Meister stand vor dem Abgrund
Volksfeststimmung in der Oberlausitz! Bereits im Vorverkauf waren die Karten Tage zuvor restlos vergriffen, und keiner der knapp 10.000 Besucher, die für eine neue Rekordmarke sorgten, dürfte sein Kommen bereut haben. Die Fortschritt-Elf lieferte nämlich "das Spiel ihres Lebens", mit dem sie selbst den Meister in die Knie zwang. "Mein frühes Tor möbelte uns alle unheimlich auf. Danach war der Respekt vor dem BFC wie weggeblasen." Der kleine Tino Gottlöber verriet es, der eine Verwirrung vor Rudwaleit entschlossen und gewitzt zu nutzen wußte. "So geschlossen und entschlossen traten wir noch nie auf. Keine Ausfälle und einige wuchsen über sich hinaus." So Trainer Horst Rau, dessen Elf im ersten Abschnitt Beeindruckendes leistete. Hier nämlich stimmten Einsatz (Thiel, Kleditzsch, Hain), Hingabe (Beckert, Merkel) mit Besonnenheit (Bär, Gräulich, Klimpel, Petersohn) und Spielgeschick (Wünsche, Gottlöber) überein, mündeten in wuchtig-geradlinig angelegten Angriffs-Fußball.

Und der bereitete dem Meister, der ungeordnet und unkonzentriert startete, gedanklich nicht auf der Höhe der Aufgabe schien, mehr Mühe als ihm lieb sein konnte. Desolat, unruhig die Abwehr, Stückwerk im Mittelfeld (Schulz, Küttner), vorn ging nur von Thom Explosivität, eben Gefahr aus. In der 45. Minute ergab sich die erste Schußchance für Küttner. Aber wie weit driftete sein Schuß ab! Petersohns Kopfballtorpedo, nach Gottlöbers Eckball, war dagegen alles andere denn Zufall. Und danach standen die Dynamos sogar vor dem Abgrund. Beckerts Hechtflugkopfball zischte nur knapp am Pfosten vorbei (35.). Dann klärte Rudwaleit bravourös gegen Wünsche (41.), der kurz darauf freistehend (!) einen Kopfball über die Balken schmetterte. Das alles forderte die Dynamos natürlich heraus, zwang sie zu Veränderungen.

Ernst rückte in die Spitze. Rohde wurde der Antreiber im Mittelfeld, und mit Backs, anfangs geschont, setzte endgültig die große , bis zum Schlußpfiff dauernde Verfolgungsjagd ein. Dabei ging es turbulent zu in der Fortschritt-Abwehr, die auch ins Wanken geriet. Aber am famosen Klimpel, an Petersohn, der oben alles wegräumte, richtete man sich immer wieder auf. Und dann standen sich die Dynamos mehrfach selbst vor dem Tor im Wege, trafen den Pfosten (Thom) oder schossen aus bester Position daneben (Thom, Backs, Ernst, Pastor). "Wer solche Chancen ausläßt, der hat den Sieg nicht verdient", urteilte Jürgen Bogs, der den Gastgebern uneingeschränkt "ein großes Kompliment" machte. Dem kann man sich unbedenklich anschließen!

BSG Fortschritt Bischofswerda:
Klimpel; Bär; Kleditzsch, Petersohn, Thiel; Gräulich, Gottlöber (87. Blank), Hain, Beckert (71. Müller); Wünsche, Merkel
BFC Dynamo:
Rudwaleit; Rohde; Reich, Köller, Ksienzyk; Küttner (70. Herzog), Ernst, M. Schulz; Thom, Pastor (57. Backs), Doll

1:0 Gottlöber          ( 4.)
2:0 Petersohn          (34.)

Schiedsrichter:        Kirschen (Frankfurt (Oder))
Zuschauer:             9.500


Klaus Thiemann, Neue Fußballwoche, 05.05.1987