19. Spieltag 1986/87: BFC Dynamo - BSG Wismut Aue 2:2

"Grün" und "Lila"
Daß es BFC-Trainer Jürgen Bogs nach dem Spiel mit dem Wort grün hatte, hing nicht ursächlich mit dem bekannten Lila der Erzgebirgischen zusammen. Seine Wortwahl wollte er zu Recht auf das naive taktische Verhalten seiner Mannschaft in der Schlußphase gemünzt sehen. Der Meister gab nämlich einen Sieg aus der Hand, den trotz vieler Schwächen in der zweiten Halbzeit schon alle sicher glaubten. "Zuviel Scheu vor den großen Namen", nannte Hans Speth die Ursache für das ängstliche Agieren seiner Schützlinge in den ersten 45 Minuten. Bis auf einen scharfen Freistoß - eine frühe Warnung - von Schmidt (35.) blieb die Angriffswirkung der Gäste bescheiden. Die Dynamos schwankten in dieser Phase zwischen schwungvollen Aktionen - Thoms Kopfball (5.), Köllers Solo (20.), Dolls Pfostenschuß (27.), Versuchen von Pastor (32.), Backs (40.), Thom (45.) - und unverständlichen Mißverständnissen sowie fehlender Harmonie.

Natürlich wird ein Spiel immer von einigen Schultern besonders getragen. Aber wenn die Unterstützung der anderen gar zu bieder ist, lassen sich die Folgen schon absehen. Vor allem im Mittelfeld mangelte es bis auf Ernst an Ideen. Köller gewährte als einziger wenigstens 45 Minuten Unterstützung aus den hinteren Reihen. Zu wenig. Je mehr Aues Respekt verflog, "bei uns vieles nur noch Stückwerk war, nur der Ballbesitzende lief, die anderen zuschauten", so Jürgen Bogs, desto kräftiger das Aufbegehren des Gastes. Nicht zu übersehen die Chancen für Jacob (68.) und Bemme (70.), die Gefahr durch den ständig aufrückenden V. Schmidt bei zwei weiteren Freistößen und zwei gefährlichen Distanzschüssen, die Steigerung von Bittner und Bemme, das kluge Agieren von Georgi gegen den besten BFCer (Thom), dem man mehr Unterstützung durch seine Mitspieler gewünscht hätte.

Thoms Kopfball nach Flanke von Fügner schien aber trotz aller Wismut-Versuche die Partie in die Bahnen des Gastgebers gelenkt zu haben, "doch mit uns ist immer bis zum Schlußpfiff zu rechnen", konnte am Ende Aues Sektionsleiter Werner Lorenz frohlocken. Auf gegnerischem Platz, zumal gegen den Topfavoriten, zwei Tore in den letzten drei Minuten, das wird selbst in den Wismut-Annalen seit den fünfziger Jahren kaum vermerkt sein. Bittners Schuß lenkte Schulz ins eigene Netz - was er vor Weißflog bei "Hundertprozentigen" nicht schaffte (76., 89.) -, dann nahm Schmidt bei seinem vierten Freistoßversuch noch genauer Maß. Das unnötige Foul zuvor von Reich und Ksienzyk, schon die Entstehung des Wismut-Konters und auch der Einschlag zum 2:2 sorgten für das "grüne" Verhalten des BFC, für das Kopfschütteln von Bogs. Und natürlich für das Lila-Knäuel nach dem Abpfiff.

BFC Dynamo:
Rudwaleit; Rohde; Köller, Reich, Ksienzyk; Backs (74. Fügner), Ernst, M. Schulz; Thom, Pastor (68. Küttner), Doll
BSG Wismut Aue:
Weißflog; Schmidt; Konik (81. Reichmann), Georgi, Münch; Krauß, Balck, Weiß (69. Einsiedel); Bittner, Jacob, Bemme

1:0 Ernst              (21.)
2:0 Thom               (80.)
2:1 Bittner            (87.)
2:2 Schmidt            (90.)

Schiedsrichter:        Hagen (Dresden)
Zuschauer:             9.500


Joachim Pfitzner, Neue Fußballwoche, 07.04.1987