18. Spieltag 1985/86: 1. FC Lok Leipzig - BFC Dynamo 1:1

Zuerst Druck des FCL, dann des BFC
Das ist doch der Wunsch einer jeden Mannschaft: eine möglichst schnelle Führung. Dem 1. FC Lok gelang sie gegen den Meister auf beeindruckende Art und Weise. Die Kombination Liebers-Richter-Marschall schloß der junge Angreifer mit Direktschuß ab und brachte die Leipziger sowohl psychologisch als auch taktisch in Vorteil. Natürlich versuchten die Einheimischen, mit diesem Pfund zu wuchern. Sie erreichten auch "mehr Aktivitäten vor dem gegnerischen Tor" (Hans-Ulrich Thomale), der winzige Vorsprung erwies sich aber als zu schmaler Grat, um auf ihm erfolgreich zu wandeln. Die 88minütige Führung ergab letztlich doch keinen Sieg, obwohl er zum greifen nahe war. Zunächst sah es sogar danach aus, als sollten die Platzbesitzer überhaupt nicht in Schwierigkeiten geraten können. Sicher, schnell, teilweise gewitzt agierten sie in Abwehr und Mittelfeld.

"Auch hatten wir die Berliner Spitzen zumeist gut im Griff", meinte der junge Torsten Kracht, der gegen Ernst eine bravouröse Partie lieferte. So schwangen also die Messestädter ziemlich deutlich das Zepter, setzten den Kontrahenten unter Druck. Doch das geschah in vorderster Linie schon nicht mit jener Durchschlagskraft, die erforderlich gewesen wäre, um den Vorsprung auszubauen. Dennoch rackerten auch in diesem Mannschaftsteil mit Marschall der Jüngste nicht nur am meisten, sondern auch am nachhaltigsten. Aber es reichte für die Probstheidaer dennoch nicht ganz, nach dem 3:2 des Vorjahres erneut einen Doppelpunktgewinn gegen die Weinroten zu landen. Die Gründe lagen auf beiden Seiten. Zum einen ließen die Lok-Akteure in ihrem unermüdlichen Drang, in ihrem Tempo nach, zum anderen stabilisierten sich die Gäste zusehends. Fanden sie zunächst nämlich kaum einmal spielerische Bande, so diktierten schließlich sie das Geschehen.

"Nachdem unsere taktische Konzeption schnell dahin war, kamen wir doch noch zu einer spielerischen Steigerung", meinte Jürgen Bogs. Er verkannte allerdings nicht, daß vornehmlich in den ersten 45 Minuten der Meister nicht zu seinem Rhythmus fand, den Rückstand nur sehr schwer wegsteckte. Das Signal zur Verfolgung setzte Pastor unmittelbar nach Wiederbeginn. Frei vor Müller tauchte er auf, der Auswahltorsteher kaufte dem Stürmer aber den Schneid ab. Schon da deutete sich an, daß der Druck auf das Lok-Tor zunehmen würde. Überhaupt schien das Spiel insgesamt nun an Qualität zu gewinnen, kam so etwas wie ein kleiner Schlagabtausch zustande. Doch jetzt stets mit Vorteilen für die Gäste, die in allerletzter Sekunde doch noch zum Remis kam, weil Richter im eigenen Strafraum B. Schulz zu Fall brachte. "Ich bekam einen Krampf, streckte die Arme vor und berührte so den Berliner", sagte der Leipziger.

1. FC Lok Leipzig:
Müller; Baum; Kreer, Kracht, Zötzsche; Lindner (76. Moldt), Liebers (80. Platzverweis); Bredow, Marschall, Richter, Kühn (63. Leitzke)
BFC Dynamo:
Rudwaleit; Rohde; Ksienzyk, B. Schulz, Brestrich; Trieloff (76. Terletzki), M. Schulz, Backs (74. Küttner); Pastor, Ernst, Thom

1:0 Marschall          ( 2.)
1:1 Pastor             (90., Foulstrafstoß)

Schiedsrichter:        Stumpf (Jena)
Zuschauer:             13.000

Andreas Baingo, Neue Fußballwoche, 25.03.1986