17. Spieltag 1985/86: BFC Dynamo - FC Hansa Rostock 2:1

Auch Komplimente können weh tun
Kompliment ist, so in einschlägigen Wörterbüchern nachzulesen, eine Höflichkeitsbezeigung oder Schmeichelei oder auch ein Gruß. Dem Dramatiker Oscar Wilde zufolge werden Frauen nie durch Komplimente entwaffnet, Männer dagegen stets. Nun mag man´s halten, wie man will, Rostocks Trainer Claus Kreul deutete eigentlich nach dem Spiel im Presseraum des Jahn-Sportparks auf die erwähnte "Entwaffnung". Er brachte einen Gedanken in die Diskussion, der die Gefühlswelt der Hanseaten in einem Satz beschrieb: "Es tut weh, wenn man solche Komplimente hört..." Wovon war die Rede? Von der beeindruckenden Vorstellung, die die Elf von der Küste, wie eigentlich immer beim BFC, abgab. Und davon, was den Rostockern nach dem Abpfiff ob laut und leise freundlich gesagt worden war. So Karl Zimmermann, der Generalsekretär des Fußballverbandes, der sowohl dem Vorsitzenden Ulrich Stoll als auch Trainer Claus Kreul zu verstehen gegeben hatte: "Es wird euch wenig nützen, aber dennoch mein Kompliment."

Michael Mischinger sah man an, daß es weh tat, knapp geschlagen, also erneut zwei Minuspunkte kassierend, in die Kabine zu gehen. "Heute könnte ich heulen", war ihm zumute, und verstehen konnte man das. Trotz des 1:2, von der Schmeichelei gegenüber den Hanseaten oder nur Höflichkeit konnte nicht die Rede sein. Es war ehrliche Anerkennung. Es war ein recht ordentliches Spiel, das beide Mannschaften boten, wenngleich ihm zuweilen das nötige Tempo fehlte, um noch mehr Toraktionen heraufzubeschwören. Bernd Schulz´ Kopfballtreffer nach bewährtem Standard (Backs, Ecke von links) beantwortete Hansa schnell, als die Flanke von Jarohs von Doll per Schuß aus der Drehung Verwertung fand. Die beiden Treffer taten dem Spiel gut, obwohl dann beiderseits nichts mehr gelang. Röhrich zog allein auf Rudwaleit zu, umspielte ihn auch noch, wollte dann einschießen, doch Libero Rohde war im Sturmschritt zurückgeeilt und holte den Ball noch von der Linie.

Einen Vorwurf konnte man dem Rostocker eigentlich nicht machen, er hatte eigentlich das gemacht, was die Situation von ihm forderte. Auch Pastor auf der anderen Seite mit einem gewaltigen Lattenunterkantenschuß nach Zusammenspiel mit Fügner hatte Pech. Und wohl auch Ernst, der seinen Alleingang mit einem Schuß knapp am linken Pfosten vorbei abschloß, wobei wohl dies in der Tat eine der "hundertprozentigen Chancen" war, von der Jürgen Bogs später sprach. Während Hansa - ohne den fiebrigen Alms - in der zweiten Halbzeit nicht mehr so torgefährlich wurde (nur noch zwei Schüsse: Babendererde/76. und Mischinger/80.), drängte der BFC, ohne spielerische Glanzpunkte zu setzen (Trainer Bogs sehr kritisch: "Es stimmt bei uns nach wie vor einiges nicht"), auf die Entscheidung. Ernst nutzte eine Abwehrverwirrung der Rostocker , die M. Schulz mit seiner Eingabe gestiftet hatte. Auf den Unterschied, der letzten Endes für die Berliner sprach, verwiesen beide Trainer: die Cleverneß vor dem Tor.

BFC Dynamo:
Rudwaleit; Rohde; Ksienzyk, B. Schulz, Brestrich; Fügner (64. Terletzki), M. Schulz, Backs, Thom; Pastor, Ernst
FC Hansa Rostock:
Schneider; Bullerjahn; Babendererde, Littmann; Arnoldt, Mischinger, Schlünz, Schulz; Röhrich, Jarohs, Doll

1:0 B. Schulz          (15.)
1:1 Doll               (17.)
2:1 Ernst              (68.)

Schiedsrichter:        Ziller (Königsbrück)
Zuschauer:             6.000

Joachim Pfitzner, Neue Fußballwoche, 18.03.1986