19. Spieltag 1983/84: BSG Chemie Leipzig - BFC Dynamo 1:2

Dynamo-Mannschaften nun mit vier Punkten vor Verfolgern / Leipziger Chemie-Elf setzte BFC mächtig zu / Ein "Sonntagsschuß" von Rath brachte dem Meister den Sieg
Die Berliner behielten beim Aufsteiger Chemie Leipzig nur knapp die Oberhand, die Dresdner taten gegen Erfurt einiges für die Aufbesserung ihres Torekontos. Sie haben nun ein um vier Treffer besseres Polster gegenüber dem Titelverteidiger. Das ist insofern ein Novum, als die Berliner seit 1979 in ihren fünf Meisterschaftsjahren zu diesem Zeitpunkt dreimal mit 14, einmal mit elf und einmal mit 16 Toren Vorsprung gegenüber dem jeweiligen Tabellenzweiten praktisch stets einen "zusätzlichen Punkt" besaßen. Derzeit allerdings ist die Angriffswirksamkeit des BFC bei weitem nicht so ausgeprägt wie eben in früheren Jahren. Zu oft wird man jetzt daran erinnert, daß dem Meister mit Hans-Jürgen Riediger einer der besten Stürmer unseres Landes wegen seiner langwierigen Verletzung fehlt. Wie lange wird das Kopf-an-Kopf-Rennen weitergehen?

Vielleicht fällt am 5. Mai - dem drittletzten Spieltag - im direkten Vergleich der beiden Dynamo-Vertretungen im Berliner Jahn-Sportpark eine Vorentscheidung. Die Leipziger Chemie-Elf forderte den Titelverteidiger über 90 Minuten. Von ihrem - oft leider auch unsachlichen - Publikum lautstark unterstützt, spielten die Leutzscher zweikampfhart, energisch und druckvoll. Dennoch schien der BFC einem sicheren Sieg zuzustreben, nachdem Weiß und Thom gemeinsam einen Freistoß von Terletzki zur frühen 1:0-Führung abgefälscht hatten. In der Folge erspielte sich Dynamo vor allem durch die jungen Außenstürmer Grether und Thom weitere aussichtsreiche Möglichkeiten, nutzten jedoch keine davon. "Schon in dieser Phase hätten wir alles klarmachen können", urteilte Rainer Ernst, der diesmal als Torschütze leer ausging, dafür aber mit einer Kopfballablage die Vorarbeit für Raths Siegtor leistete.

Mit einem "Sonntagsschuß" holten die Gäste ihre früheren Versäumnisse wieder auf. So sehr sich auch Rudwaleit gegenüber der Vorwoche stabilisierte, Troppa die Offensive suchte, der BFC kam nicht richtig auf Touren. Das aber auch, weil die Gastgeber mit dem Mute der Verzweiflung fast über sich hinauswuchsen. Nach dem Kopfballtor von Leitzke (der auf der Linie postierte Trieloff hatte keine Abwehrmöglichkeit) schwammen die Chemiker nicht nur auf einer Welle der Begeisterung, sie gingen auch an die Grenze ihres Leistungsvermögens. Nach dem Wechsel waren sie dem Kontrahenten selbst in der spielerisch en Ausstrahlung kaum mehr unterlegen und hätten bei Joachim Fritsches Lattenschuß (84.) um ein Haar auch noch zum zweiten Male einen Rückstand aufgeholt. Joachim Hall, BFC-Assistenztrainer, zog nach 90 Minuten dann auch folgendes Resümee: "Chemie machte uns den Sieg schwer. Unsere Mannschaft mußte mit höchster Konzentration spielen. In der ersten Halbzeit hätten wir unsere Chancen besser nutzen müssen."

BSG Chemie Leipzig:
Saumsiegel; J. Fritsche; Weiß, St. Fritsche, Roth; Schubert, Illge, Werner; Leitzke, Ferl, Reimer (78. Haarseim)
BFC Dynamo:
Rudwaleit; Trieloff; Maek, Troppa, Rath; Terletzki, Schulz, Backs; Grether (61. Prange), Ernst, Thom (76. Küttner)

0:1 Thom               (14.)
1:1 Leitzke            (44.)
1:2 Rath               (75.)

Schiedsrichter:        Henning (Rostock)
Zuschauer:             18.000

Max Schlosser / Andreas Baingo, Neues Deutschland, 26.03.1984