13. Spieltag 1983/84: 1. FC Lok Leipzig - BFC Dynamo 0:4

Nur einer herbstmeisterlich
Im Vorfeld dieses Spitzenspiels hatten die Messestädter auf weitere Besetzungsprobleme nach Dennstedts Ausfall und Kreers Zwangspause wegen dreimal "Gelb" aufmerksam gemacht. Doch dann waren sie in der glücklichen Lage, die zuletzt indisponierten Zötzsche, Moldt und Schöne doch aufs Feld zu schicken. Somit blieben die Voraussetzungen für ein echtes, ausgeglichenes Treffen gewahrt. Bei dieser Feststellung blieb es aber - leider. Denn nur eine Mannschaft bot im Plache-Stadion Herbstmeisterliches - die Gäste. Wieder einmal zeigte es sich, daß Lok mit der Aufgabe, motiviert gegen "Große" überzeugend und selbst spielgestaltend in Aktion zu treten, nicht fertig wurde. Man denkt da gar nicht mal an das wahrlich nicht allzu "große" Sturm Graz.

Trainer Harro Miller prägte einen bemerkenswerten Satz: "Wir hätten schließlich noch eine Stunde spielen können und vermutlich dennoch kein Tor erzielt." Daß er im gleichen Atemzug den "überragenden Rudwaleit" erwähnte, mindert nicht den Grundtenor seiner Aussage. Lok brachte im Angriff nichts Zwingendes zustande, sieht man von den Schußversuchen von Liebers in der ersten halben Stunde ab. So sehr sich auch Richter und Schöne, der sich das Reklamieren abgewöhnen sollte, befleißigten, zu viele Fehlpässe, nach dem Rückstand schließlich auch Ängstlichkeit gegen den eiskalt spielenden BFC waren Hemmschuhe. Dem jungen Marschall wegen seiner verpaßten Kopfballchance nach Liebers' Flanke und Zötzsches Eingabe (der BFC-Hüter reagierte blitzschnell) Vorwürfe machen zu wollen, wäre ungerecht.

Da blieben weitaus routiniertere Männer unter ihren Möglichkeiten, denkt man an Baum oder auch an Torwart Müller. Ja, der BFC spielte eiskalt, aber er ließ mit vielen Spielzügen den Fußballkenner und Freund gepflegter Spielkunst warm werden. Auf alle Treffer trifft das zu. Erst schnippelte Ernst die Kugel nach Terletzkis Flanke. die Altmann nickt verhindern konnte natürlich auch mit ein bißchen Glück ins Netz, dann kam sein Kopfball nach Flanke von Backs, der von Terletzki mit einem 50-m-Paß angespielt worden war. Und dann wieder zweimal Ernst als Vorbereiter! Paß nach gekonntem Ballstoppen bei Rudwaleits Abschlag zu Grether, der Trieloff anspielte, und danach den Diagonalpaß zu Thom. Klassische Konter!

Bei allem verständlichen "Leid" der Lok-Anhänger über das 0:4, die Haltung eines Teils des Publikums, man muß wohl sagen sogenannter Lok-Anhänger, war unmöglich. Es gab keine diffizilen, gegen Lok spielentscheidenden Situationen in diesem Spiel, nur die Tatsache, daß der BFC den besseren Fußball bot. Und das wollten einige, allerdings auch auf der eigentlich "fachkundigeren" Haupttribüne, nicht wahrhaben. Da war viel Voreingenommenheit schon mit dem ersten Pfiff des Referees dabei. Alle Spieler und Scheurell, der sich wegen der Vorfälle veranlaßt sah, DFV-Generalsekretär Zimmermann zu konsultieren, verhielten sich dagegen sehr besonnen.

Schiedsrichterkollektiv: Bei rutschigem Boden um Spielfluß bemüht, hier und da vielleicht in der Situationsbeurteilung unmaßgeblich irrend, konnte der Referee, bis auf wenige unkontrollierte Fouls, auf die betont sportliche Haltung der Aktiven rechnen. Probleme einzig durch Zuschauer. Zwei Unterbrechungen wegen Werfens von Schneebällen (darinnen Steine) nach Supp und Spielern, bis hin zu einem Flaschenwurf nach Terletzki beim Eckstoß. In der 73. Minute drohte sogar ein Spielabbruch. Scheurell blieb bis zum Abpfiff umsichtig.


1. FC Lok Leipzig:
Müller; Altmann; Treske, Baum, Zötzsche; Bredow
(60. Kühn), Moldt , Liebers; Schöne, Richter, Marschall
BFC Dynamo:
Rudwaleit; F. Rohde; Grether, Ullrich, Troppa; Schulz, Trieloff, Terletzki, Backs; Ernst (87. Voß), Thom (83. Rath)

0:1 Ernst              (12.)
0:2 Ernst              (24.)
0:3 Trieloff           (60.)
0:4 Thom               (64.)

Schiedsrichter:        Scheurell (Wusterhausen/Dosse)
Zuschauer:             12.000


Joachim Pfitzner, Neue Fußballwoche, 20.12.1983