17. Spieltag 1982/83: BFC Dynamo - 1. FC Lok Leipzig 2:1

Der Meister blieb einiges schuldig
Meister und Spitzenreiter gegen den ärgsten Verfolger! Dieses Duell verspricht allerorts einiges. Tempo, Abwechslung, Spannung und spielerische Klasse werden da erwartet. Wenn im letzten, schließlich wohl wichtigsten Punkt einige Wünsche offenblieben, dann lag das nicht an den Gästen, die mit den besten Vorsätzen nach Berlin gekommen waren, erfreulich selbstbewußt begannen und ihre angriffsorientierte Einstellung bis zuletzt durchhielten. Das nötigte Respekt ab, verdiente Anerkennung. Vielmehr konnte unser vierfacher Titelgewinner nicht seinen Part zu einem Spitzentreffen beitragen, wurde nach den mühsamen 1:0-Erfolgen in Zwickau und über den FC Hansa erneut deutlich, daß er von meisterlicher Form ein ganzes Stück entfernt ist. "Uns fehlt es gegenwärtig an Spielharmonie und -verständnis", gestand Trainer Jürgen Bogs und gab auch zu, daß eine Reihe von Spielern nicht in der gewünschten Verfassung ist.

"Ich hätte nach 25 Minuten gleich drei Mann auswechseln können", meinte er nach dem Abpfiff, zählte mit Sträßer, Netz, Rohde und Terletzki sogar vier Namen auf. Der Meister hat derzeit einige Probleme, wobei das Fehlen von Torjäger Riediger (Meniskusoperation) besonders schmerzlich ist. Seine Mittelfeldreihe bekommt die Spielfäden nicht wie gewohnt in die Hand, und im Angriff stehen drei Mann nebeneinander, finden kaum zueinander. So ergaben sich bis zur Pause neben einem überraschenden Drehschuß von Schulz (16.) nur noch zwei Freistoßmöglichkeiten durch Terletzki (26.) und Troppa (44.), die Müller jeweils auf dem Posten sahen.

Da waren die Aktionen der Messestädter doch lange Zeit wesentlich gefälliger, vor allem geschlossener, wobei der drangvolle Zötzsche noch herausragte, mit seinen häufigen Vorstößen für einige Gefahrenmomente sorgte und auch bewies, daß er mit dem rechten Bein schießen kann (34.). Die größte Chance zum 2:0 vergab Schöne vier Minuten vor dem Wechsel, als er nach einem Musterpaß von Kühn mutterseelenallein loszog und an der Strafraumgrenze an Rudwaleit scheiterte, statt vorher zu schießen. Einen Zwei-Tore-Rückstand zu einem obendrein psychologisch ungünstigen Zeitpunkt hätten die Gastgeber gegen die zweitstärkste Abwehr unserer Oberliga wohl nur noch schwerlich aufgeholt.

Aber so besannen sie sich schließlich doch noch auf ihre Tugenden, entschloß sich Trainer Bogs auch zur längst fälligen Einwechslung von Ernst (50.), der dann auch mit einem schönen Paß auf Rohde das 2:1 vorbereitete. Danach gab es einen offenen Schlagabtausch, hatten Schulz, der gut reagierte und knapp verfehlte (70.), und Sträßer, der nach einem weiten Befreiungsschlag mit Jüngling allein gegen Liebers loszog und weit über das Tor schoß, statt abzuspielen (89.), Gelegenheiten, den Vorsprung auszubauen, während auf der Gegenseite Dennstedt im Fallen verzog (88.). Für Tempo, Abwechslung und Spannung war also gesorgt. Aber an spielerischer Klasse fehlte es etwas, die Gründe dafür sind genannt.

Schiedsrichterkollektiv: Die Gemüter der Leipziger erhitzten sich am Ausgleichstreffer, dem gefährliches Spiel von Netz (gestrecktes Bein) gegen Lok-Schlußmann Müller vorausging. Ansonsten hatte Stenzel die Partie sicher inder Hand. Er zog sofort die zweite gelbe Karte, als es nach dem 2:1 etwas kampfbetonter wurde, ließ das Spiel laufen, als Jüngling im Strafraum umgestoßen wurde (76.), und ignorierte völlig richtig eine Abseitsfahne von Ziller, als bei einem Gäste-Angriff der Ball klar erkennbar vom Gegner kam (86.). Henning sah Zötzsche bei einem weiten Flugball im Abseits, obwohl der selbst bei der Ballannahme noch zwei Gegenspieler vor sich hatte (43.), Warum sah Troppa bei seiner Torwartparade, die zum Handstrafstoß führte, nicht Gelb?


BFC Dynamo:
Rudwaleit; Trieloff; Noack, Troppa, Ullrich █; Terletzki (50. Ernst), Rohde, Backs; Schulz, Sträßer, Netz (69. Jüngling)
1. FC Lok Leipzig:
Müller; Baum; Kreer, Dennstedt, Zötzsche; Moldt, Bredow
, Altmann, Liebers; Schöne, Kühn

0:1 Zötzsche           (36., Handstrafstoß)
1:1 Troppa             (56.)
2:1 Rohde              (60.)

Schiedsrichter:        Stenzel (Senftenberg)
Zuschauer:             14.000


Manfred Binkowski, Neue Fußballwoche, 15.03.1983