26. Spieltag 1979/80: BFC Dynamo - SG Dynamo Dresden 1:0

Als Trieloff sich ein Herz faßte...
Erwartungen sollte man nicht überziehen. Wer in diesem "Finale" allein auf eine spielerisch hochklassige Begegnung setzte, auf ein Treffen der Ästheten sozusagen, der mußte die Akteure überfordern. Das gab die Konstellation vor dem Anpfiff kaum her. Ein Schönheitspreis konnte diesmal nicht in dem Maße zur Diskussion stehen. Für die einen ging es allein um den Sieg; für die anderen zumindest um ein Unentschieden. Also mußte man von Anfang an damit rechnen. daß alles, taktische Konzeption wie Einstellung der Spieler, diesem Zweck untergeordnet war. Darüber zu hadern wäre unbillig. Schließlich wurden in diesem Finale kein Geschenke gemacht, sondern hier ging es um den Titel, um die Arbeit, das Mühen eines Jahres. Insofern mußte man einfach dafür Verständnis haben, daß auch die Nervosität mitspielte, daß längst nicht alles gelang, was sich die Aktiven vornahmen. Dennoch hätte man sich etwas mehr in spielerischer Hinsicht gewünscht. Indes: Wer sehen wollte, der sah eine ganze Menge.

AUFTRETEN: Freilich gab es vier Verwarnungen, zahlreiche Freistöße auch. Das mag damit zusammenhängen, daß Kulicke, völlig richtig, von Anfang an alles unterbinden wollte, was zu Reibungen hätte führen können. In der Regel befleißigten sich alle Akteure einer disziplinierten und fairen Spielweise, setzten sich zwar hart, entsprechend der Bedeutung dieses Treffens, ein, schlugen dabei jedoch kaum über die Stränge. Und wenn das schon einmal geschah, dann kam es zum versöhnenden Händedruck. Sicherlich normal und zu verlangen, doch noch nicht immer die Norm.

ZWEIKÄMPFE: Kombinationen am Fließband, technische Delikatessen waren wohl selten. Doch dafür gab es eine ganze Anzahl von klassereichen Duellen zu sehen, die nicht nur andeuteten, was in diesen Kollektiven steckt. Ob der schlaksige Petersohn, oft eilte er noch nach vorn, gegen den kopfballstarken Pelka, der vor Ehrgeiz brennende Troppa gegen den lauffreudigen Kotte, der elegante Müller gegen den schnellfüßigen Riediger, der dynamische Sträßer gegen den athletischen Weber, der unauffällige Schmidt gegen den regieführenden Terletzki - aus diesen und anderen Duellen bezog dieses Treffen seine Spannung, seinen Gehalt. Zwar löste sich dieser Pärchenbetrieb zu selten auf, doch langweilig wurde das Geschehen nie, weil sich Klasse an Klasse rieb und mithin Ordentliches geboten wurde.

AKTIVITÄTEN: Es schien, als würde der Gast zuerst das individuelle Können vereinen zu einer geschlossenen Leistung, als scheue der Gastgeber zu sehr jegliches Risiko. Die Dresdener Aktionen erhielten zunächst jenen Pfiff, den man an ihnen schätzt. Kotte (21.) und Trautmann (33.) hatten Möglichkeiten, den taktisch disziplinierten Defensiv-Part ihrer Mannschaft zu krönen, während der BFC vor dem Wechsel zu wenig schoß, sich immer wieder in der Tempoforcierung eingeengt sah. Als Weber am rechten Flügel losstürmte, seine Eingabe zu Trautmann kam, der knapp verzog, war die beste Chance vertan (57.).

DAS TOR: Trieloff faßte sich endlich ein Herz, fand den Mut zum Risiko und verband ihn mit großartigem Können. So schilderte er die entscheidende Szene: "Ich übernahm im Mittelfeld den Ball, lief, spielte zu Frank Terletzki, erhielt die Kugel wieder, paßte zu Pelka, der den Ball direkt prallen ließ. Dann legte ich ihn mir mit dem Kopf vor, und ehe Dörner heran war, schoß ich ab." Bernd Jakubowski ergänzte: "Trieloff kam allein auf mich zu. Da war nichts zu halten." Mut, Risiko, Wucht, Tempo, Durchschlagskraft - nach dem Wechsel beim BFC weit ausgeprägter - vereinten sich in dieser Situation zur Entscheidung.

Zum Schiedsrichterkollektiv:Kulicke erwies sich als konsequent, lauffreudig, umsichtig. Daß er zweimal Stumpfs Abseitsfahne übersah (5., 51.), bei einer Ecke falsch entschied (25.), ist ihm kaum anzukreiden. Völlig korrekt gab er Pelkas Tor nicht, weil Jakubowski zuvor unfair behindert wurde.


BFC Dynamo:
Rudwaleit; Trieloff; Jüngling, Troppa, Artur Ullrich; Sträßer (88. Helms), Terletzki, Seier; Riediger, Pelka, Netz (75. Schulz █)
SG Dynamo Dresden:
Jakubowski; Dörner; Helm
, Petersohn, Müller; Trautmann, Schmidt (83. Schmuck), Weber ; Häfner, Kotte, Heidler (83. Richter)

1:0 Trieloff           (77.)

Schiedsrichter:        Kulicke (Oderberg)
Zuschauer:             30.000


Klaus Schlegel, Neue Fußballwoche, 13.05.1980