20. Spieltag 1979/80: BFC Dynamo - FC Carl Zeiss Jena 1:0

Am Ende ein ungewohntes Bild
Ein ungewohntes Bild in der Schlußphase in der Cantianstraße. Nicht der BFC, ansonsten im Meisterschaftsverlauf uneingeschränkter Herrscher im Jahn-Sportpark, machte die Ostermusik, sondern zur allgemeinen Überraschung der Gast aus der Saalestadt. Terletzkis Flatterball ließ den Jenaern natürlich nur noch das Alles-oder-Nichts, wobei sie nach 20 Anfangsminuten, in denen sie vornehme Zurückhaltung übten, schon ihr durchdachtes Spiel mehr als angedeutet hatten. Beim Nichts blieb es schließlich für den Gast, weil Libero Schnuphase, mit erstaunlicher Offensivkraft, in Tornähe unsicherer wurde, den Ball zu weit vom Fuß springen ließ (50.), vorbeischoß (82.), Rudwaleit bei ihm ebenso auf der Hut war (83.) wie bei den Schüssen von Vogel (66., 68.) und dem eleganten Seitfallzieher von Lindemann (84.).

Raabs Kopfball war nicht plaziert genug (66.), Oldtimer Vogel schoß schließlich die letzte Gelegenheit in die Wolken (87.). Dem Meister Ungelegenheiten gebracht zu haben, dieser Trost blieb dem FC Carl Zeiss. Dabei präsentierte sich vor allem die Abwehr als zuverlässig, sorgte Grapenthin mit gelungenen Paraden für die notwendige Einstimmung. Zudem machten viele erfreuliche Bekanntschaft mit dem kleinen Schilling. Wie er Riediger zum Duell stellte, die meisten gewann, der Beifall der Zuschauer drückte die Hochachtung aus. "Keine leichte Sache für uns." Routinier Reinhard Lauck zitterte auf der Tribüne mit. Der Kapitän Terletzki sprang für die diesmal nicht durchschlagskräftigen Angreifer in die Bresche.

Bei seinem Direktschuß (8.) vollbrachte der Jenaer Keeper eine Glanztat. Netz verstolperte eine gute Gelegenheit (17.). Solo von Jüngling mit allerdings zu schwachem Abschluß (29.), Sträßers Schüsse (20., 37.), Terletzkis Versuche (43., 45.) - wahrlich, der Titelverteidiger besaß seine besten Szenen vor der Pause. Des Kapitäns Übersicht, seine Freistöße und Ecken, Jünglings offensiv orientierte Abwehrpartie fielen dabei besonders ins Auge, Riedigers unermüdliches Bemühen, zum Erfolg zu kommen, blieb notierenswert. "Wir hätten in der letzten halben Stunde kühleren Kopf bewahren müssen, aber da wollten wir eben den Sieg verteidigen", so Terletzkis Urteil.

Nun, niemand möge da mahnend den Finger heben, denn auch ein Meisterschaftsanwärter kann eine Saison nicht ohne kurze Durststrecken durchstehen. Nur, die Berliner wären klüger beraten gewesen, dann ihre spielerische Substanz zum Tragen zu bringen, Ballhalten noch immer als Erfolgsrezept zu sehen. So kamen die Bälle postwendend in die Berliner Hälfte zurück, von den verständlicherweise eiligen Jenaern förmlich hineingetrieben. Der BFC überstand es, auch dank seiner Cleverneß im Zentrum, bei den Jenaern verstand man die kleine Enttäuschung, einem Punkt nahe gewesen zu sein und ihn doch nicht gewonnen zu haben. Doch wer forderte bisher den Meisterschaftsanwärter in Berlin so?

Zum Schiedsrichterkollektiv: Die faire Einstellung aller Akteure machte die Leichtigkeit der Spielleitung für Stenzel aus, der sich noch manchen Pfiff (Vorteil) hätte ersparen können.


BFC Dynamo:
Rudwaleit; Trieloff; Jüngling, Troppa, Artur Ullrich; Brillat █, Terletzki, Sträßer; Riediger, Pelka (81. Seier), Netz (61. Schulz)
FC Carl Zeiss Jena:
Grapenthin; Schnuphase; Brauer, Kurbjuweit, Schilling; Hoppe, Krause
(64. Lindemann), Sengewald; Töpfer, Raab, Vogel

1:0 Terletzki          (61.)

Schiedsrichter:        Stenzel (Senftenberg)
Zuschauer:             13.500


Jürgen Nöldner, Neue Fußballwoche, 08.04.1980