24. Spieltag 1978/79: BFC Dynamo - SG Dynamo Dresden 3:1

Titel und ein stiller Triumph
Jürgen Bogs, der junge Trainer des BFC, der jüngste der Oberliga, hätte in sein persönliches Trainingsprogramm ruhig die Luftrolle aufnehmen sollen. Er wäre gewappnet gewesen für die Jubelszene nach Abpfiff dieses prickelnden Dynamo-Duells, das den Titelwechsel von der Elbe an die Spree für diese 31. Meisterschaftssaison endgültig machte. Jedenfalls stürmten alle BFC-Akteure auf ihren stets ruhig-besonnenen, sachlich-kritischen Trainer zu und wippten ihn nach Herzenslust in die heißen Lüfte. So sehr er sich über diese spontane Ehre freute, war er doch sichtlich froh, als er wieder Boden unter den Füßen hatte. Während rund um das Steinhaus die rot-weiße Woge des merklich gewachsenen BFC-Anhangs ein lautstarkes Jubelfest abzog, so daß selbst durch geschlossene Fenster die Trainerworte schwer zu hören waren, bewies der Mann am BFC-Trainerpult, daß ihn auch ein solcher Feiertag beherrscht und frei von jeder Euphorie vorfindet.

"Nun gilt's weiterzudenken und weiterzuarbeiten, damit wir auch international die Erwartungen erfüllen können", hörten wir von ihm, bevor er sich dem Geschehen des Tages zuwandte. Und da sprach er von "betrübten Gesichtern bei der Halbzeit". Tatsächlich mußte der BFC, durch die entschlossenen und schnell operierenden Riediger und Netz zu klaren Chancenvorteilen gekommen, deutlich führen. Aber dem schnellen Führungstor folgten zwingende Szenen, in denen "bißchen die Ruhe, die Kaltblütigkeit fehlten" wie der "blonde Blitz" (so nannte eine niederländische Zeitung Riediger) durchaus selbstkritisch urteilte. In seinem 35-m-Tempolauf, als er wie noch oft Helm versetzte, sorgte Jakubowski mit großer Parade für Endstation (23.); in der 36. verzog er nach turbulenter Aktion in freier Position, als Stenzel danach trotzdem noch Strafstoß entschied, zeigte Terletzki Nerven, schoß unplaziert, unscharf, und auch Troppa (40.) konnte eine große Chance nicht nutzen, blieb am besten Dresdener dieses Tages, Jakubowski, hängen. Aber für Moral und gewachsenes Selbstvertrauen des BFC spricht, wie er die kalte 1:1-Dusche wegsteckte.

"Weiter angriffsbetont spielen, auch im Mittelfeld, wo wir uns zuletzt etwas abwartend verhielten", schärfte Jürgen Bogs zur Pause seiner Truppe ein. Und sie kam nochmals mit neuem Elan. Jedenfalls wirkte die Abwehr des Meisters der letzten drei Jahre, die immerhin in 17 Spielen ohne Niederlage "stand", bisweilen aufgescheucht wie ein Hühnerhaufen. "Weber, Helm hatten arge Mühe, auch weil sie ohne Sicherung vorrückten", zeigte sich Gerhard Prautzsch enttäuscht. "Aber entscheidend für den Titelwechsel, unsere Angriffsqualität erreicht nicht annähernd die des BFC." Dabei wagten Jürgen Bogs und Martin Skaba einen taktischen Schachzug, der nicht ohne Risiko schien. Jüngling übernahm Noacks Verteidigerplatz, der offensive Verteidiger tummelte sich im Mittelfeld - und übertraf da alle Erwartungen. "Ungewohnt ist das doch für mich nicht, ich habe schließlich sogar schon Stürmer gespielt", freute sich Noack. Die Freude in und um die BFC-Kabine galt nicht schlechthin dem Titelgewinn. Es war geradezu ein stiller Triumph, daß dies gegen den Titelverteidiger und amtierenden Meister gelang, mit "klaren Vorteilen in der Spiel- und Angriffswirkung", wie Klubvorsitzender Manfred Kirste formulierte.

Jürgen Bogs (BFC):
Natürlich sind wir stolz und glücklich über den Sieg und über den Titelgewinn. Ihn gegen Dresden schon zu sichern, war unsere Absicht. Anerkennung der Mannschaft, die sich nach der Niederlage von Magdeburg wieder fing und steigerte, auch spielerisch. Wir hätten nur schon zur Pause bei den Chancenvorteilen klar führen müssen.

Gerhard Prautzsch (Dresden):
Ich gratuliere dem BFC zu diesem Titelgewinn. Er hat hier gegen uns die Leistungen der Saison bestätigt, bewies, daß er zu Recht Meister geworden ist. Von unserer Mannschaft bin ich enttäuscht, sie war hier kein Partner für den BFC, blieb weit unter ihren Möglichkeiten. Undiszipliniertheiten in der Abwehr und Stürmermängel traten zutage.

BFC Dynamo:
Rudwaleit; Trieloff; Jüngling, Troppa, Artur Ullrich; Lauck, Noack, Terletzki; Riediger, Pelka (81. Sträßer), Netz
SG Dynamo Dresden:
Jakubowski; Dörner; Weber, Schmuck, Helm; Häfner, Schade, Trautmann; Heidler, Riedel (57. Sachse), Döschner

1:0 Netz               (11.)
1:1 Trautmann          (44.)
2:1 Noack              (52.)
3:1 Terletzki          (77.)

Schiedsrichter:        Stenzel (Senftenberg)
Zuschauer:             22.000

Horst Friedemann, Deutsches Sportecho, 26.05.1979