10. Spieltag 1977/78: BFC Dynamo - FC Carl Zeiss Jena 3:0

Über Terletzki lief alles an
Der vom siebenfachen belgischen Meister Standard Lüttich herbeigereiste Trainer Robert Waseige machte eigentlich gar nicht den Eindruck, als wollte er vier Tage vor dem UEFA-Cup-Duell einen Witz äußern: "Jena bot nicht das Maximum!" Nein, Monsieur Waseige: Was der FC Carl Zeiss Jena in Berlin gegen einen kämpferisch und spielerisch ganz gut aufgelegten BFC tat, war wirklich ein Minimum. Was die Thüringer spielerisch leisteten, war gar nichts. Die Aufgabe, für eine gutklassige Partie zu sorgen, überließen sie den Gastgebern. Ihren einzigen Stürmer mit Herz und Pfiff, "Matz" Vogel, hatten die Zeiss-Städter prophylaktisch, im Hinblick auf das UEFA-Cup-Treffen zu Hause gelassen. Wegen einer leichten Zerrung. Was Jenas Sturm-Duo Töpfer-Schröder diesmal entfachte, war nicht einmal ein laues Lüftchen. "Der BFC hatte Stürmer, wir keine", kommentierte der für den in Belgien weilenden Trainer Hans Meyer amtierende Helmut Stein.

Und Cheftrainer Bernd Stange ergänzte ohne Umschweife: "Wir waren absolut chancenlos, unsere zwei Sturmspitzen harmlos, dazu die Unterstützung aus der zweiten Reihe mangelhaft." Dabei deuteten die Jenaer mit zwei Kontern über Schnuphase, der keinen Weg scheute, und Lindemann durchaus ihre Absicht in den ersten 25 Minuten an. Später brauchte der BFC sie nicht mehr zu fürchten, hatte Rudwaleit nur wenig Möglichkeiten, sich auszuzeichnen. So durften am Ende Kurbjuweit und Brauer für sich nur positiv verbuchen. daß sie Riediger wie Netz nicht ins sonst bewegungsstarke Tempospiel des BFC kommen ließen. Schnuphase, Weise verdienten Anerkennung für ihren Kampf und Einsatz. Daß die 7.000 am regnerischkalten Nachmittag zufrieden von dannen zogen, war einzig ein Verdienst der Berliner. Ihr spiritus rector Frank Terletzki war einmal mehr blendend aufgelegt. Über ihn liefen alle Angriffe, er war überall auf dem Platz und bei der Vorbereitung wie beim Abschluß aller drei Treffer immer dabei.

Der BFC Dynamo zog aus der Deckung heraus überlegt weiträumige, zweckmäßige Spielzüge auf. Sie wurden vom spielfreudigen Libero Trieloff, von Brillat (der sich mit Lindemann manchen harten Strauß ausfocht, was jedem eine Verwarnung einbrachte), von Eigendorf, dem Töpfer mehr hinterherlief als umgekehrt, mit Ideen und viel Tatendrang gefördert. Zudem wußten sich Labes, Pelka immer wieder ihren Bewachern Noack, Weise zu entziehen und wirkungsvoll in die Angriffe einzuschalten. Im sechsten Heimspiel der Saison geriet der BFC erstmals in keinem Moment in Verlegenheit oder gar in Bedrängnis, ausgerechnet gegen Jena! BFC-Trainer Jürgen Bogs lobte die "verbesserte Abstimmung in allen Mannschaftsteilen", kommentierte angesichts der schwachen Gegenwirkung aber vorsichtig: "In der ersten Halbzeit waren wir noch nicht druckvoll genug, vergaßen die Schüsse aus der zweiten Reihe!" Die Steigerung nach der Pause jedoch verdiente Lob!

BFC Dynamo:
Rudwaleit; Trieloff; Noack, Eigendorf; Terletzki, Brillat, Labes, P. Rohde; Riediger, Pelka, Netz
FC Carl Zeiss Jena:
Zimmer; Oevermann, Brauer, Weise; Kurbjuweit, Schnuphase, Noack (80. Neuber), Lindemann; Sengewald, Töpfer, Schröder (65. Raab)

1:0 Pelka              (23.)
2:0 Labes              (53.)
3:0 Terletzki          (64.)

Schiedsrichter:        Stenzel (Senftenberg)
Zuschauer:             7.000

Wolf Hempel, Neue Fußballwoche, 19.11.1977