26. Spieltag 1976/77: SG Dynamo Dresden - BFC Dynamo 2:1

Der Käpt'n in bester Laune
Die Presseplätze im Dresdner Dynamo-Stadion liegen gegenüber der Ehrentribüne. So sahen wir Schreibenden die Meisterehrungszeremonie nur von hinten. Die nahe dabei standen, nahmen wahr, daß Dresdens Käpt'n Hans-Jürgen Dörner dabei einen sehr, sagen wir einmal, "gesammelten" Eindruck machte. Unser Fotograf Klaus Schlage meinte, "er verzog kaum eine Miene". Wie locker, gelöst, in bester Laune der Dresdner Libero aber tatsächlich war, bewies er auf dem Spielfeld. Leichtfüßig schnippelte er in der Abwehr den Berlinern einige Male den Ball in letzter Sekunde vor der Nase weg, ließ sie ins Leere laufen. Der Libero nutzte alle seine Freiheit im Mittelfeld, die Dresdner Kombinationen laufen zu lassen, schickte seine Mitspieler vor allem auf der rechten Seite in den freien Raum.

"Daß einige Fehlpässe dabei unterliefen, ist verständlich", meinte Trainer Walter Fritzsch, "so oft wie er am Ball war." Und schließlich gab er auch noch zur Freude der Dresdener eine Jongleur-Vorstellung, als die letzten Augenblicke nach dem 1:0 bis zum Pausenpfiff zu überbrücken waren. Nur zum Torschuß trat der überragende Mann auf dem Platz selten an (mit einem Weitschuß in der 61.). Aber Torschüsse waren sowieso rar in diesem Saisonabschlußtreffen des Meisters. Mehr als zwei bot keiner der Aktiven, nur ein knappes Dutzend die Dresdener, kaum die Hälfte davon die Berliner. Locker zu bleiben war offensichtlich die Devise nicht nur des Kapitäns, sondern der ganzen Meisterelf, die zu mehr nicht gefordert wurde. Einige brillante Züge kamen auch so zustande, wenn Dörner, Häfner, Schade im Mittelfeld den Ball über mehrere Stationen laufen ließen.

Was dann an letzter Konzentration fehlte, zeigte sich vorwiegend beim Abschluß. Die Berliner, die ja um einen Medaillenplatz kämpften, taten ihr Möglichstes. Sie scheiterten aber schon an den individuellen Voraussetzungen, die bedenklich deutlich unter denen der Gastgeber lagen. Trainer Harry Nippert hatte zu Recht befürchtet, daß die Jungen "der Belastung eines solchen Schlüsselspiels in der Höhle des Löwen" nicht gewachsen wären. Netz, in der 19. von Riediger völlig freigespielt (scheiterte an Boden), und Jüngling, der nach Terletzkis Zuspiel von halblinks in der 33. den Ball an die Latte lenkte, verpaßten die besten BFC-Möglichkeiten, durch Tore Selbstvertrauen und Sicherheit in den eigenen Reihen zu schaffen. Später im Endspurt mit einiger Turbulenz vor dem Dresdener Tor, war dann nichts Entscheidendes, das heißt die Medaillen, mehr zu retten.

SG Dynamo Dresden:
Boden (78. Jakubowski); Dörner; Weber, Schmuck, K. Müller; Häfner, Schade, M. Müller; Vorwerg, Sachse (69. Riedel), Heidler
BFC Dynamo:
Creydt; Jonelat; Noack, Lauck, Eigendorf; Brillat, Terletzki, Jüngling; Riediger (69. Trieloff), Labes, Netz (60. Sträßer)

1:0 Heidler            (44.)
2:0 Schade             (76.)
2:1 Lauck              (83.)

Schiedsrichter:        Di Carlo (Burgstädt)
Zuschauer:             32.000

Otto Pohlmann, Deutsches Sportecho, 23.05.1977