22. Spieltag 1976/77: HFC Chemie - BFC Dynamo 1:1

Eine Frage und keine Antwort
Peter Rohde, der Libero des BFC Dynamo und an diesem Tage wohl der auffälligste Akteur auf dem Platz, wußte keine Antwort: "Warum wir nach dem Wechsel so enorm nachgelassen haben? Ich kann es mir noch immer nicht erklären." Der BFC, der mit seinem überzeugenden Spiel schon wie der sichere Sieger aussah, mußte am Ende froh sein, wenigstens einen Punkt aus der Saalestadt mitgenommen zu haben. Als Meinerts Kopfball kurz vor dem Abpfiff gegen die Latte klatschte, war selbst dieser in Gefahr. Niemand hätte sich gewundert, wenn die Gäste zur Pause bereits alles klargemacht hätten. "Mit Ausnahme der ersten 20 Minuten, in der es eine ausgeglichene Partie war, bestimmte der BFC klar den Rhythmus des Spiels, stellte die bessere Elf", gab dann auch HFC-Trainer Kohl unumwunden zu.

Von hinten heraus dirigierten Terletzki (in seinem Aktionsradius von Robitzsch aber sehr wirkungsvoll eingeengt) und Lauck mit langen Pässen das Geschehen, boten sich die beiden Außenverteidiger Wroblewski und Noack immer wieder dem Ballführenden zum Abspiel an. Sie alle übertraf noch der Blondschopf Rohde, dem in der Abwehr kein Fehler unterlief, der darüber hinaus auch noch wirkungsvoller ins Mittelfeld aufschloß. So gut sich die Aktionen des BFC auch in der eigenen Hälfte ansahen, an der Strafraumgrenze waren die Stürmer mit ihrem Latein meist am Ende. Hier lag möglicherweise auch eine Unterlassungssünde von Terletzki und Lauck, die nicht schnell genug nach vorn aufschlossen. Jüngling bewies bei der Vorbereitung des Führungstreffers, wie erfolgreich solche Handlungen sein können. Chancen boten sich dem BFC indes in einer Zahl, die für einen deutlichen Erfolg ausreichend gewesen wären - wenn man sie genutzt hätte.

So großartig Brade in der 28. Minute bei Labes Durchbruch reagierte - "daraus muß ein Oberligaspieler einfach ein Tor machen", bemerkte Harry Nippert völlig zu Recht. Dem HFC fehlte offensichtlich die notwendige körperliche und geistige Frische, das Pokalspiel gegen den 1. FC Lok war nicht spurlos an ihm vorübergegangen. Eine Vielzahl von Mißverständnissen, Fehlpässe am laufenden Band zerrissen den kaum geknüpften Spielfaden immer aufs neue. Das Publikum erging sich schon in Mißfallenskundgebungen, als die Hallenser mit kämpferischem Aufbegehren doch noch eine Wende schafften. Meinert, neben dem Ruhe und Sicherheit ausstrahlenden Brade,  d e r Aktivposten beim Gastgeber, blies zum Angriff und hatte schließlich auch Erfolg damit. Der BFC vergaß in der hektischen Schlußviertelstunde sein vorher so vorbildlich umgesetztes taktisches Konzept, konzentrierte sich ausschließlich auf die Abwehr.

HFC Chemie:
Brade; Bransch; Pingel, Wawrzyniak, Strozniak; Robitzsch, Meinert, Schmidt (59. Fülle); Nowotny, Vogel, Krostitz
BFC Dynamo:
Schwerdtner; P. Rohde; Noack, Brillat, Wroblewski; Lauck, Jüngling, Terletzki; Riediger, Labes (68. Sträßer), Netz

0:1 Riediger           (43.)
1:1 Meinert            (73.)

Schiedsrichter:        Stumpf (Jena)
Zuschauer:             13.500

Rainer Nachtigall, Deutsches Sportecho, 18.04.1977