21. Spieltag 1976/77: BFC Dynamo - FC Carl Zeiss Jena 2:0

Terletzki war überall
Zweimal hintereinander ließen sich die Berliner kein Wiegenlied singen! Hatte der BFC einen Spieltag zuvor die erste Halbzeit gegen den 1. FCM verschlafen, so entwickelte er diesmal von Beginn an die Initiative. Die Frische in Dynamos beherztes Spiel bis zur Pause brachte gewiß nicht der zuweilen heftige Wind. Man ließ sich gegen den FC Carl Zeiss im Kampf um den zweiten Tabellenplatz auf kein langes Abtasten ein, auf keine abwartende Haltung. Und konstatierte, wie gut das dem eigenen Spiel tut! Der BFC stürmte. Allen voran Frank Terletzki, ein vorbildlicher Kapitän in und Spiel. Er hatte einen gewaltigen Aktionsradius, ihm war kein Weg zu weit; er trat gefährliche Freistöße und schlug Flankenbälle von rechts wie von links in Jenas Strafraum, die zumeist heikle Situationen für die Gäste heraufbeschwörten. Und "einmal habe ich ausgeholt und den Ball voll getroffen", wie er schmunzelnd bemerkte, womit er nicht nur den ansonsten reaktionsschnellen Grapenthin überraschte, sondern seiner Elf mit dem 1:0 zusätzlich Schwung und Auftrieb gab.

"Unser Spiel atmete vor allem deshalb Torgefährlichkeit", kommentierte BFC-Trainer Harry Nippert, "weil aus allen Mannschaftsteilen heraus angriffswirksam operiert wurde." Auf Vorwärtsdrang waren die Berliner alle eingestellt, ob Lauck, der zudem klug die eigene Hintermannschaft immer wieder bei Jenas Gegenstößen absicherte, oder Brillat, der nicht nur seine Abwehrfunktion gegen den dynamischen Schnuphase konzentriert wahrnahm, sondern auch wiederholt im Abschluß der Aktionen in Erscheinung trat und mit seinem herrlichen Tor das 2:0 besorgte. In die Angriffsrolle schlüpften auch Wroblewski, Jüngling, auch wenn ihnen in der Hast noch zu viele technische Fehler unterliefen. Vorn allerdings brachten sich der noch immer nach seiner Verletzung um seine Spielfitneß ringende Riediger gegen Brauer, Labes ("Ließ später in der Laufbereitschaft nach!", so BFC-Trainer Martin Skaba) gegen Weise und Sträßer, dennoch der wirkungsvollste BFC-Stoßstürmer, gegen den in der Wahl seiner Gegenmittel nicht wählerischen Jenaer Noack kaum wie gewünscht zur Geltung.

BFC-Trainer Harry Nippert hielt seiner Mannschaft indes zugute: "Sie zeigte eine vorbildliche Kampfmoral." Jenas Trainer Hans Meyer kommentierte doch etwas enttäuscht: "Es war nicht eine der gedanklich frischen Partien, die wir in dieser Saison schon boten. Zudem ließen wir es an der Konzentrationsfähigkeit in der Abwehr missen, wenn ich nur an das zweite Gegentor denke." Die Thüringer waren immer um schnelle Gegenzüge bemüht. Aber die klare spielerische Linie, Überraschungsmomente in die Aktionen hineinzubringen, das gelang nicht. Weder Weise, auch nicht Schlutter, so fleißig er auch agierte, und erst recht nicht Kurbjuweit. Tatsächlich wußte der FC Carl Zeiss das Nachlassen der Berliner - reicht es beim BFC derzeit immer nur für eine starke Halbzeit? - nach der Pause so nicht in Vorteile für sich umzumünzen. Zum Drang der Oevermann, Brauer, Schnuphase fehlten die Ideen, der Mann, der alles Mühen ordnete.

BFC Dynamo:
Schwerdtner; P. Rohde; Noack, Brillat, Wroblewski; Lauck, Jüngling, Terletzki; Riediger, Labes, Sträßer
FC Carl Zeiss Jena:
Grapenthin; Oevermann; Brauer, Weise, Noack; Sengewald, Schnuphase, Kurbjuweit, Schlutter; Töpfer (65. Molata), Schröder

1:0 Terletzki          (12.)
2:0 Brillat            (28.)

Schiedsrichter:        Scheurell (Wusterhausen)
Zuschauer:             21.000

Wolf Hempel, Deutsches Sportecho, 11.04.1977