13. Spieltag 1972/73: BSG Wismut Aue - BFC Dynamo 1:0

Pohl krönte stärkste Phase mit dem 1:0
Nicht Schnee, sondern eitel Sonnenschein empfing den Gast im Erzgebirge. Wismuts Optimismus, zum Ausklang der ersten Halbserie einen Sieg landen zu können, bewegte sich allerdings in recht gedämpften Bahnen. "Keine Frage, daß wir die Berliner nach ihren letzten Leistungen respektieren - aber sie sollen zu spüren bekommen, daß Wismut spielerisch weiter gereift ist!" Cheftrainer Bringfried Müller lächelte, als wir ihn unmittelbar nach Spielschluß an diese Worte erinnerten, mit denen er die Einstimmung für das wichtige Treffen gegeben hatte. Doch dahinter verbarg sich mehr - vor allem eins: Anerkennung und Wertschätzung für die von seinen Schützlingen gelieferte Partie! Dem BFC war anzumerken, wie mühevoll er im gegnerischen Ansturm der ersten 30 Minuten um Zusammenhalt und spielerische Linie rang, ohne daß ihm dieses Vorhaben jedoch zunächst gelang.

Dafür stürmte Wismut einfach zu wuchtig! Schüßler. Schaller, Erler. Seinig und Einsiedel lieferten das beste Beispiel dafür, wie spielerischer Effekt und bedingungsloser kämpferischer Einsatz ineinandergreifen müssen. Wer jedoch hatte dem schmächtigen Escher diese Bravourleistung gegen einen so routinierten Mann wie Stumpf zugetraut? An allen Brennpunkten des Geschehens sorgte der "Flügelflitzer" für Unruhe. Nach 29 Minuten bahnte sich über ihn die spielentscheidende Szene an: Dribbling in den Strafraum, Ausheber von P. Rohde im Moment, da Escher zum Torschuß ansetzte. Kapitän Pohl fiel der Gang zum ominösen Punkt nicht leicht, wie er später gestand. Aber er behielt die Nerven, um Wismuts stärkste Phase des Treffens mit dem 1:0 zu krönen.

Für das Duell im Mittelfeld boten sich von vornherein interessante Aspekte an: Schüßler, Schaller auf der einen, Terletzki, Schütze auf der anderen Seite. Wer würde wen in die defensive Rolle drängen? Unverkennbar erreichte Schaller die größte Ausstrahlung - nicht zuletzt deshalb, weil er sich mit immensem läuferischem Aufwand immer wieder von Schütze wegspielte. "Ich war überrascht, daß mir der Berliner kaum folgte", gestand Schaller schon zur Pause. Dazu "Moppel" Schröter: "Filohn sollte den Wismut-Mittelfeldspieler in unserer Hälfte übernehmen - doch das klappte nicht." In der Wismut-Elf war man sich darüber völlig im klaren, daß die Zeit der Bewährung noch ausstand - in der zweiten Halbzeit, in welcher die Berliner endlich energischer wirkten, ihre Kombinationssicherheit nachwiesen und sich auch im Mittelfeld nun besser vom Gegner lösten; Schütze einbezogen.

Schulenbergs Aktivität reichte jedoch nicht, um die Zweikampfschwächen der beiden anderen Stoßstürmer zu überspielen. "Vor einem Jahr noch wären wir an der Steigerung des Gegners zerbrochen - heute aber behielten wir trotz einiger kritischer Situationen klaren Kopf", kommentierte Bringfried Müller. Drei von Schulenberg (42., 72.) sowie von Johannsen (65.) ausgelassene Großchancen nagten an der nervlichen Substanz der Berliner. Der Kräfteabfall als unausbleibliche Folge der schweren Mittwoch-Partie in Liverpool ließ sie daran scheitern, wenigstens einen Punkt heimzuführen. Wer glaubte noch an Aue, als die Mannschaft mit 3:9 Punkten um den Anschluß ans Mittelfeld rang? Nötigt es nicht alle Achtung ab, daß die Elf mit einer ausgeglichenen Bilanz nun guter Dinge in die zweite Halbserie geht? Wir meinen ja!

Zum Schiedsrichterkollektiv: Glöckner entschied bei zwei Oberkörper-Attacken zweifelhaft. Der tückische Boden gestattete es nicht, großzügig zu amtieren. Davon ließ sich der Unparteiische leiten.


BSG Wismut Aue:
Ebert; Pohl; Babik, Schmiedel, Weikert; Schüßler, Erler, Schaller; Einsiedel, Seinig (77. Thomas), Escher
BFC Dynamo:
Lihsa (18. Creydt); Brillat; Stumpf, P. Rohde, Hübner; Filohn (62. Becker), Terletzki, Schütze; Johannsen, Netz, Schulenberg

1:0 Pohl               (29., Foulstrafstoß)

Schiedsrichter:        Glöckner (Markkranstädt)
Zuschauer:             4.000


Dieter Buchspieß, Neue Fußballwoche, 19.12.1972