08. Spieltag 1972/73: SG Dynamo Dresden - BFC Dynamo 1:1

Wie oft schon haben wir es gesagt?
Eine Mannschaft, die sich mit dem Schiedsrichter anlegt, die mehr über dessen Entscheidungen diskutiert als sich auf die eigenen Spielzüge konzentriert, wird schnell aus dem Tritt gebracht! Die Spieler des Tabellenführers beherzigten diese Lehre am Freitagabend nicht. Gerade sie, von denen man auf Grund ihres vorhandenen sehenswerten Könnens Souveränität in allen Belangen erwarten mußte, ließen sich von einigen, zugegeben strittigen, Entscheidungen des Schiedsrichterkollektivs aus der Ruhe bringen. Sie verloren die Nerven und damit die Linie. Hektik und Hast regierten in den Reihen der sonst so spielsicheren Dresdner, und damit war der bedeutend kühler, nervenstärker auftretende BFC an diesem Tage nicht zu Fall zu bringen. Natürlich war der Foulstrafstoß für den BFC in der zweiten Minute eine harte Entscheidung. Prokop fällte sie, als Schulenberg im harten Zweikampf mit dem sich energisch einsetzenden Ganzera zu Fall kam, in dem Bestreben, von Anfang an ohne Konzessionen durchzugreifen.

Doch als Johannsen den Strafstoß neben das Tor schoß, hätte eigentlich wieder Ruhe in die Dresdner Reihen einziehen können. Wer das annahm, irrte gründlich. Ruhiger, sicherer in ihren Aktionen, die sich freilich in erheblichem Maße auf die Abwehr mit gelegentlichen Konterstößen (Netz!) beschränkten, waren in der Folgezeit die Berliner. Und als sie Mitte der zweiten Halbzeit sogar in Führung gingen, als Johannsen seinen Fehler wieder gutmachte und nach einem Schütze-Schuß, den Boden nur ungenügend parieren konnte, einköpfte, drohte den Dresdnern gar die erste Niederlage. Erst jetzt stürmte der Spitzenreiter mit Mann und Maus, "so wie wir es von Anfang an erwartet hatten", drückte es BFC-Cheftrainer Hans Geitel aus. Jetzt verdienten sich die Gastgeber wenigstens noch das Unentschieden, das ihnen ihren respektablen Vorsprung in der Oberliga beläßt. Jetzt zeigte auch die BFC-Abwehr Wirkung, in der Trümpler sich in manchen Szenen achtbar gegen Kreische aus der Affäre gezogen hatte, in der P. Rohde den quirligen Lischke (traf in der ersten Halbzeit aus Nandistanz den Pfosten) lange Zeit unter Kontrolle hatte.

Zum Schiedsrichterkollektiv: Prokop war laufstark wie immer. Er verbiß sich förmlich in das Spiel, voller Eifer, Härte und Hektik zu unterbinden. In diesem Bemühen unterliefen ihm allerdings einige Fehlpfiffe, wußte er auch nicht immer mit dem nötigen Fingerspitzengefühl zwischen groben Fouls und Kleinigkeiten zu unterscheiden. In dieser Hinsicht muß er stärker differenzieren. Kulicke traf leider gleich drei falsche Abseitsentscheidungen.


SG Dynamo Dresden:
Boden; Dörner; Ganzera, Sammer, Wätzlich; Häfner, Rau, Kreische; Heidler, Lischke, Richter
BFC Dynamo:
Lihsa; Stumpf, Brillat, P. Rohde, Hübner; Trümpler, Terletzki, Schütze; Johannsen, Netz, Schulenberg (67. Weber)

0:1 Johannsen          (57.)
1:1 Häfner             (80., Foulstrafstoß)

Schiedsrichter:        Prokop (Erfurt)
Zuschauer:             32.000


Günter Bonse, Neue Fußballwoche, 07.11.1972