17. Spieltag 1971/72: BFC Dynamo - SG Dynamo Dresden 2:1

BFC-Flügelzange schnappte zu!
Janos Gyarmati, einst Trainer unserer Nationalmannschaft und auch der Berliner Dynamos, auf einen Sprung von Budapest nach Berlin gekommen, sparte nach dem Schlußpfiff nicht mit Komplimenten: "Ein für diese Bodenverhältnisse ausgezeichnetes Spiel! Am meisten beeindruckte mich das Tempo, das nie nachließ." Doch auch eine Einschränkung hatte er parat: "Der BFC gewann zwar verdient, aber aus derartigen Chancen muß man mehr Tore machen." Immerhin, sein Lob galt beiden Vertretungen, und auch Hans Geitel anerkannte, daß "die Dresdener durch ihre offene Spielweise in hohem Maße dazu beitrugen, dem Publikum eine feine Demonstration guten Fußballs zu bieten." Walter Fritzsch hatte einige Einwände vorzubringen: "Sicherlich war es ein gutes Spiel, insbesondere, wenn man bedenkt, daß uns fünf Stammspieler fehlten. Dennoch gewann der BFC glücklich. Beide Tore entsprangen krassen Fehlern Kallenbachs."

Nun scheint uns das zu sehr aus Dresdener Warte gesehen zu sein. Denn: Der BFC vergab weitere Großchancen: zunächst durch Schulenberg, von Netz hervorragend freigespielt (37.); dann durch Stumpf, der mit einem von Geyer an Schulenberg verursachten Foulstrafstoß Kallenbach ("Ich ahnte die Ecke!") nicht zu überwinden vermochte (50.); und schließlich durch Becker, der abspielte statt selbst zu vollenden und so Terletzki ins Abseits zwang (81.). Auch diese Abstriche ändern nichts daran, daß diese Begegnung Klassemerkmale aufwies. Wie klug der BFC den Raum aufteilte, wie schnell er das Mittelfeld überwand und über die Flügel den Erfolg suchte, das imponierte ebenso wie das ständige Bemühen der Dresdener. Anteil am BFC-Sieg hatten vornehmlich die sichere Abwehr mit den starken Carow und Trümpler sowie Schütze, der mit Häfner im Wettbewerb um den auffälligsten Mittelfeldakteur lag, nach dem Wechsel jedoch eine Pause einlegte. Daß die Berliner ihre Absichten besser umsetzten, das lag vor allem an der Beweglichkeit ihrer Flügelstürmer.

Hier waren sie eindeutig besser besetzt. Sowohl Schulenberg (trotz starker Gegenwehr durch Ganzera) als auch Johannsen (warum nicht in jeder Phase konzentriert?) entschieden die Duelle mit ihren unmittelbaren Gegenspielern. Da auch Netz den auf diesem Boden schwerer ins Spiel kommenden Sammer - er schied zur Pause verletzt aus - mehr als einmal narrte, erspielte sich der BFC in der torgefährlichen Zone ein klares Übergewicht. Ausdruck dessen waren beide Treffer, die durch die Flügelstürmer erzielt wurden und die die Schützen so schilderten: "Ich erlief mir Schützes weiten Flügelwechsel", so Schulenberg, "sah den herauslaufenden Kallenbach nicht und vollendete an zwei Abwehrspielern vorbei." Johannsen sah sein Tor so: "Schulenbergs Ecke wurde abgewehrt. Trümpler bediente ihn erneut. Seinen Flankenball lenkte Ziegler ab, und ich konnte einköpfen."

Zum Schiedsrichterkollektiv: Pischke amtierte schon weit stärker. Nicht nur, daß er einmal Baders Fahne übersah, er bewies auch zu große Geduld bei Geyers Fouls, und als Kern Schütze unkorrekt bedrängte, schien ein Strafstoß fällig (36.). Der Rostocker meinte dazu: "Das sah schlimmer aus als es war."


BFC Dynamo:
Lihsa; Carow; Stumpf, Trümpler, Hübner; Becker, Schütze, Terletzki; Johannsen, Netz, Schulenberg
SG Dynamo Dresden:
Kallenbach; Kern (50. Hemp); Ganzera, Sammer (46. Geyer), Wätzlich; Häfner, Dörner, Ziegler; Riedel, Lichtenberger, Sachse

1:0 Schulenberg        (18.)
1:1 Sachse             (39.)
2:1 Johannsen          (73.)

Schiedsrichter:        Pischke (Rostock)
Zuschauer:             6.000


Klaus Schlegel, Neue Fußballwoche, 01.02.1972