16. Spieltag 1971/72: 1. FC Lok Leipzig - BFC Dynamo 0:0

BFC-Konter kamen viel zu selten
Erneut bewies die seit dem zehnten Meisterschafts-Spieltag ungeschlagene Berliner Dynamo-Elf auf gegnerischem Platz ihre Stabilität in. der Abwehr, ohne diesmal jedoch die gewohnte Ausstrahlung im Mittelfeld und damit verbunden die Explosivität im Angriff zu erreichen. Eine Schwäche, die den Gästen einen durchaus möglichen Doppelpunktgewinn kostete. Selten war die Chance wohl so günstig, einen spielerisch indisponierten Partner zu bezwingen, wie am Sonnabend. "Darauf hatte ich die Mannschaft in der Halbzeitpause noch einmal mit allem Nachdruck hingewiesen: Das Tempo aus dem Mittelfeld heraus forcieren, uns nicht von der Spielweise des Gegners beeindrucken zu lassen", urteilte BFC-Cheftrainer Hans Geitel später. Nicht ohne Grund, denn im ersten Abschnitt hatten seine Schützlinge nur einmal (Schulenberg) ihre typische Stärke des beherzten Konterspiels demonstriert.

Sofort geriet der 1. FCL in Nöten, als die drei Sturmspitzen dann nach dem Wechsel in Bewegung kamen. Zu selten jedoch, weil "im Mittelfeld die konstruktive Vorbereitung zu viele Wünsche offenließ", konstatierte Hans Geitel. Trotz eines ungemein laufstarken, aber doch zu sehr in seine Dribblings verliebten Schütze. Lok-Cheftrainer Horst Scherbaum war um seine Aufgabe gewiß nicht zu beneiden: Nach drei sieglosen Auswärtsspielen sollte nun endlich das Steuer herumgerissen werden - ohne Löwe, Köditz und den an Grippe erkrankten Frenzel. Ein Substanzverlust, der bei allen anerkennenswerten kämpferischen Qualitäten einfach nicht zu verkraften war. Jene Aktiven, die hier in die Bresche hätten springen müssen, blieben beträchtlich unter Normalform: Insbesondere Matoul, aber auch der sich in Einzelaktionen aufbrauchende Kupfer. "Moosdorf operierte wirkungsvoller als die beiden Stammspieler im Angriff! Im Mittelfeld rackerte jeder für sich allein - von einer sinnvollen Abstimmung war nicht die Rede!" So Lok-Cheftrainer Horst Scherbaum.

Gerade in dieser Hinsicht wurde deutlich, was ein Mann von der Güte Frenzels für die Leipziger Spielentwicklung bedeutet. Ganz zu schweigen von seinen überragenden Merkmalen als wuchtiger Dränger aus der zweiten Reihe. Das 0:0 enttäuschte den 1. FCL deshalb kaum - "immerhin war es ein wichtiger Punkt, der unter denkbar ungünstigen Voraussetzungen errungen werden konnte", wie es der am Sonnabend in Halle höchstwahrscheinlich wieder einsatzfähige Wolfram Löwe formulierte. Daß der Gastgeber in dieser Situation nicht aufsteckte, "zum Schluß sogar noch einmal erstaunliche Potenzen in die Waagschale zu werfen hatte" (so "Moppel" Schröter), gereicht ihm ungeachtet der Dissonanzen in seinem Spiel zur Anerkennung.

Zum Schiedsrichterkollektiv: Böswillige Fouls gab es nicht, auch Schützes Attacke gegen Gröbner (45.) zählte nicht dazu. Kunze ließ von vornherein keine Unkorrektheiten aufkommen.


1. FC Lok Leipzig:
Friese; Geisler; Sekora, Gießner, Fritsche; Gröbner, Altmann, Lisiewicz; Moosdorf, Matoul (83. Fritsch), Kupfer
BFC Dynamo:
Lihsa; Carow; Stumpf, Trümpler, Hübner; Kranz (71. Becker), Terletzki, Schütze; Johannsen (80. Labes), Netz, Schulenberg

Schiedsrichter:        Kunze (Karl-Marx-Stadt)
Zuschauer:             8.000


Dieter Buchspieß, Neue Fußballwoche, 25.01.1972