11. Spieltag 1971/72: ASG Vorwärts Stralsund - BFC Dynamo 3:3

BFC-Verfolgungsjagd wurde noch belohnt
In allen bisherigen Spielen beider Mannschaften hatte es am Strelasund jeweils ein 1:1 gegeben. Dreimal war das seit 1968 beim Ligapunktspiel, im Pokal und in einem freundschaftlichen Vergleich der Fall gewesen. Nun teilten sich die beiden auch in der Oberliga den Erfolg, allerdings mit unterschiedlicher Auffassung. Vorwärts war nach dem Schlußpfiff niedergeschlagen, weil der Neuling schon den Sieg in der Tasche glaubte. Der BFC dagegen sah den einen Punkt als wertvoll an, weil er noch in der Schlußphase in einer fast aussichtslosen Situation den Zähler holte. "Ein Lob der Elf, weil sie nicht aufsteckte, ein Tadel, weil sie sich in der ersten Halbzeit überrennen ließ", so beurteilte BFC-Trainer Hans Geitel das Spiel aus seiner Warte. Klaus-Peter Stein, diesmal der beste Mann auf dem Platz, war untröstlich.

"Was nützt es uns, ein gutes Spiel geboten zu haben, wenn wir am Schluß nicht den Lohn für die Leistung bekamen." Dreimal habe ich die Stralsunder gesehen, seit sie der Oberliga angehören. Jedesmal konnte ich eine spielerische Steigerung feststellen. Was Vorwärts diesmal in der ersten Halbzeit zeigte, das war ein tempogeladenes, begeisterndes Angriffsspiel, das die gesamte Mannschaft einbezogen wurde. Den Schlüssel dazu hatte Stein in der Hand. Er ließ sich von Trümpler keine Fesseln anlegen, war mit seinen Dribblings kaum aufzuhalten. Die BFC-Deckung glich vor der Pause einem aufgescheuchten Hühnerhaufen. Wollten die Abwehrspieler ein Loch stopfen, rissen sie gleichzeitig ein anderes auf. Der Neuling stieß wie ein alter Fuchs immer wieder in diese Lücken.

Das 0:2 zur Halbzeit schmeichelte noch den Berlinern, die keine Bande zu finden schienen. Nach der Pause wandelte sich dann allerdings das Bild. Jetzt wurde besser gedeckt, ließ man die Stralsunder vor allem durch eigene Angriffsforcierung, um die sich besonders Netz und der für den am Knie verletzten Johannsen eingewechselte Schulenberg verdient machten, nicht mehr zur Entfaltung kommen. Allerdings war dem Gastgeber nun auch die große Anstrengung in den ersten 45 Minuten anzumerken. Die Dynamo-Elf ließ in ihrer Verfolgungsjagd nicht locker, und kam so noch zum Gewinn eines Punktes, der schon verloren schien.

Zum Schiedsrichterkollektiv: Die Stralsunder sahen in Prokop den Sündenbock, wollten ihn für den entgangenen Sieg verantwortlich machen. Für den neutralen Beobachter war an der Leistung des Erfurters und seiner Assistenten nichts Wesentliches auszusetzen.


ASG Vorwärts Stralsund:
Schönig; Renn, Wiedemann, Kögler, Wulst; Hermus, Häder, Brunner; Filler, Stein, Schellhase
BFC Dynamo:
Lihsa; Carow; Stumpf, Trümpler, Hübner; Terletzki, Rohde, Schütze; Johannsen (35. Schulenberg), Netz, Labes

1:0 Stein              ( 5.)
2:0 Filler             (26.)
2:1 Netz               (48.)
3:1 Hermus             (65.)
3:2 Labes              (75., Foulstafstoß)
3:3 Schütze            (85.)

Schiedsrichter:        Prokop (Erfurt)
Zuschauer:             6.000


Rolf Gabriel, Neue Fußballwoche, 21.12.1971