07. Spieltag 1971/72: FC Karl-Marx-Stadt - BFC Dynamo 0:1

Lihsa raubte FCK die letzten Nerven
Nicht zufällig sprach man in FCK-Kreisen von einem "Schlüsselspiel". "Heute können, ja, müssen wir im Ringen des Schlußtrios Stralsund. Riesa, FCK für ein Polster sorgen", tat Trainer Gerhard Hofmann die besten Vorsätze seiner Elf kund. Am Ende war er ein geschlagener Mann. Der BFC hatte nicht nur die Hoffnungen auf den langersehnten ersten Heimsieg zerstört, aus Riesa und Stralsund kam auch noch die Hiobsbotschaft von Punktgewinnen der Rivalen. "Nun haben wir gar nichts mehr zu verlieren, sind Letzter, vieler Hoffnungen beraubt". meinte er später. Bislang nämlich wurde dem Neuling bescheinigt, er spiele recht gut mit, nur das letzte Quentchen fehle noch. "Nein, heute wurde auch schlecht, sehr schlecht gespielt", urteilte der verletzte Stammspieler Göcke unumwunden. Dabei, einen Oberligagast, der einem so entgegenkommt wie diesmal der BFC, den wird der FCK so schnell nicht wieder vorfinden.

Die Berliner schienen von allen Teufeln geritten. Die Abwehr bot den flinken, quirligen Dost, Rauschenbach, Neubert Lücken über Lücken und schließlich auch dicke Chancen. Carow als Abwehrorganisator, Trümpler als Gegenspieler von Rauschenbach, Hall als Bewacher von Zeidler, Becker als Dost-Rivale und Terletzki gegen Wolf ließen ihren Partnern derart viel Raum, daß die sich schon in den Startminuten vor einigen Großchancen sahen. Inkonsequenz in der Deckung, Unkonzentriertheiten, ja Leichtfertigkeiten im Abspiel, da mußte man sich eigentlich über den Sieg wundern. Für das "Wunder" sorgte in der Hauptsache Schlußmann Werner Lihsa. Was er vor der Pause, aber auch danach auf der Linie zunichte machte, verdient höchstes Lob. "Ohne diese Glanzform, wir wären längst geschlagen", meinte Günter Schröter schon bei Halbzeit.

Der reaktionsschnelle Lihsa raubte den ohnehin nicht gerade kaltschnäuzigen FCK-Zwergen im Angriff auch noch die letzten Nerven. Die Folge: selbst in zwingenden Situationen verhaspelten sich die Gastgeber selbst (Zeidler, Schuster, Rauschenbach). Eifer, Elan blieben bis zum bitteren Ende, aber ohne spielerische Sicherheit, ohne resolutes Handeln in Tornähe mußte das ohne Ausbeute bleiben. So hielt der BFC sein Tor rein, kam dank der ansprechenden Verfassung von Johannsen, Labes, Rohde, Stumpf, Schütze sogar zu gefährlichen Kontermöglichkeiten und zum "goldenen Tor" (Labes auf Zuspiel von Johannsen), damit zum ersten Auswärtssieg. "Anfangs vermutete ich eine ungenügende Einstellung, aber zu meiner Überraschung mußte ich feststellen, es war eine Kraftfrage. Das Cupspiel hat uns doch mehr mitgenommen, als erwartet", resümierte Trainer Geitel.

Zum Schiedsrichterkollektiv: Im Bemühen, energisch, entschlossen aufzutreten, pfiff der laufstarke Kulicke in zwei, drei Vorteilsituationen zu früh, ansonsten eine gute Leistung.


FC Karl-Marx-Stadt:
Kunze; Sorge; Förster, Schuster, Franke; Wolf, Erler, Dost; Zeidler (60. J. Müller), Rauschenbach, Neubert
BFC Dynamo:
Lihsa; Carow; Stumpf, Trümpler, Hall; Rohde, Terletzki, Becker; Johannsen, Schütze, Labes

0:1 Labes              (34.)

Schiedsrichter:        Kulicke (Oderberg)
Zuschauer:             10.000


Horst Friedemann, Neue Fußballwoche, 09.11.1971