03. Spieltag 1971/72: BFC Dynamo - 1. FC Lok Leipzig 3:0

Das wahre Gesicht nach dem 1:0 gezeigt
Genau 219 Spielminuten der neuen Punktesaison waren vergangen, da konnten die Berliner endlich als letzte Oberligavertretung auch den ersten Torerfolg bejubeln. Er hatte allerdings einen beträchtlichen Schönheitsfleck, denn er entsprang einem unnötigen Eigentreffer Geislers (der Lok-Libero lenkte die flache und harmlos scheinende Johannsen-Eingabe ins Netz). Für den BFC war dieses 1:0 jedoch das Zeichen, nunmehr alle Verkrampfung fallenzulassen. Es ging förmlich ein Ruck durch die Dynamo-Reihen, und im weiteren Verlauf spielte eine Elf, die im Gegensatz zum 0:1 eine Woche zuvor gegen Zwickau nunmehr ihr wahres Gesicht zeigte. "Das Tor hatte in der Tat eine erlösende Wirkung", meinte Assistenztrainer Günter Schröter. "Wir besaßen ja auch schon bis dahin eine Reihe guter Gelegenheiten, doch die Nerven machten uns zunächst einen Strich durch die Rechnung." Was also vorher verpaßt wurde, holte der BFC sofort nach.

120 Sekunden nach dem 1:0 flankte Stumpf hoch herein, Labes "bediente" Johannsen, der kaltschnäuzig vollendete und von diesem Zeitpunkt selbstbewußt, durchschlagskräftig und schußfreudig blieb. Das war kennzeichnend gerade für die jüngeren Aktiven bei Dynamo, die alle Hemmungen. ablegten und das mehr kämpferische als spielerische Aufbegehren der Messestädter in der zweiten Hälfte souverän abwehrten. Beim 1. FC Lok wurde jegliches Lob über die beiden vorangegangenen Siege bereits vor dem Anpfiff eingeschränkt. "Gewiß, ein gelungener Start, aber das war zu Hause, nun kommt die erste Auswärtsaufgabe, daran werden wir gemessen!" So lautete der übereinstimmende Tenor im Leipziger Lager. Eine reale Meinung, wenn man bedenkt, daß Lok in der vorigen Spielzeit die drittschlechteste Bilanz auf fremdem Boden hatte und lediglich in Aue (5:3 am 18. November 1970) gewinnen konnte. So führte kein Weg daran vorbei, daß die Mannschaft in Berlin enttäuschte.

Auch als es 0:0 stand, schien uns die Abstimmung zwischen Geisler und Gießner im Abwehrzentrum nicht die beste, von einer systematischen Aufbauarbeit war wenig zu spüren. Löwe und Matoul blieben sehr blaß, nur der 50fache Nationalspieler Frenzel rackerte im Mittelfeld wie im Angriff mit wahrem Bienenfleiß. Fast wäre ihm in der 69. Minute auch der Anschluß geglückt, doch der Pfosten war für den BFC Retter in höchster Not. Größere Torgefahr drohte allerdings nach der Pause von den zweckmäßig inszenierten Vorstößen Dynamos, so daß der späte dritte Treffer - Schrägschuß aus spitzem Winkel des quirligen Labes - durchaus seine Berechtigung hatte.

Zum Schiedsrichterkollektiv: Konsequenz war diesmal Kunzes Stärke. Jederzeit auch gute Blickverständigung und Zeichengebung mit den Linienrichtern, wodurch manche unnötige Spielunterbrechung vermieden wurde.


BFC Dynamo:
Lihsa; Brillat; Stumpf, P. Rohde, Hall, Filohn; Terletzki, Becker; Johannsen, Schütze, Labes
1. FC Lok Leipzig:
Friese; Geisler; Sekora, Gießner, Gröbner, Fritsche (69. Altmann); Naumann (46. Lisiewicz), Frenzel; Löwe, Matoul, Köditz

1:0 Geisler            (39., Eigentor)
2:0 Johannsen          (41.)
3:0 Labes              (89.)

Schiedsrichter:        Kunze (Karl- Marx-Stadt)
Zuschauer:             5.000


Hans Günter Burghause, Neue Fußballwoche, 07.09.1971