26. Spieltag 1970/71: BFC Dynamo - FC Rot-Weiß Erfurt 3:1

Abstiegsschicksal selbst besiegelt
Erfurts Fußball erlebt in der kommenden Saison nicht sein zwanzigstes Oberligajahr. Während in der höchsten Spielklasse der 24. Meistertitel unserer Republik vergeben werden wird, sind die Männer aus dem Dimitroff-Stadion gezwungen, nach ihrem Oberliga-Abstieg in den Jahren 1959, 1964 und 1966 nun zum viertenmal in der Liga um den Aufstieg zu kämpfen. Daß es so weit gekommen ist, haben sie sich selbst zuzuschreiben. Ein Unentschieden im letzten Treffen in Berlin hätte genügt, den Klassenerhalt aus eigener Kraft zu sichern. Es war sogar mehr drin als nur eine Punkteteilung, denn die Gastgeber rissen an diesem Tag zunächst keine Bäume aus. Ihre Wirkung blieb vornehmlich auf den Elan der schwungvollen Johannsen und Labes beschränkt.

Doch was insbesondere Häfner, aber auch Stieler, Albrecht und Krebs für Chancen ausließen, das überstieg das Maß des Normalen bei weitem. "Die Mannschaft ist nicht mit der notwendigen Ruhe ins Spiel gegangen. Das Auslassen so vieler klarer Tormöglichkeiten und zahlreiche Abspielfehler bewiesen das", erklärte Siegfried Vollrath, an dessen Entschlossenheit und Torriecher die Schlachtenbummler aus der Blumenstadt gerade in diesen neunzig Minuten wehmütig zurückdachten, war er doch im Meisterjahr 1953/54 mit 21 Treffern Oberliga-Torschützenkönig. Die beiden kurz aufeinanderfolgenden Gegentreffer gleich nach der Pause - einer wiederum wie schon am Sonnabend zuvor beim 1. FC Lok durch ein Selbsttor - nahmen den Gästen dann den ohnehin schon schwachen Wind aus den Segeln.

"Sie haben uns aussichtslos zurückgeworfen", sagte Trainer Gerhard Bäßler. Es schien, als ob sich die Rot-Weißen vorzeitig selbst aufgaben. Dabei bestand nach dem 1:2 noch mehrfach die Möglichkeit zum Ausgleich. Da er nicht gelang, war es in der Schlußminute auch nur ein ganz schwacher Trost für Schlußmann Weigang, daß er einen Foulstrafstoß von Fleischer parierte, den Göpel an Johannsen verschuldet hatte. Die Erfurter müssen zum viertenmal in die Liga absteigen. Bisher gelang ihnen immer sofort der Wiederaufstieg. Warum nicht auch diesmal? Die Potenzen dazu sind vorhanden!

Zum Schiedsrichterkollektiv: Pischke hatte das Spiel sicher in der Hand. Bei einigen Entscheidungen wirkte er jedoch nicht sehr überzeugend.

Wie geht es weiter? Kapitän Harald Wehner (FC Rot-Weiß Erfurt): "Während meiner fünfzehnjährigen Oberligazeit in Erfurt bin ich nun bereits das vierte Mal abgestiegen. Bisher sind wir jeweils auf Anhieb zurückgekehrt. Ich hoffe, daß uns das auch diesmal gelingt. Eine sehr schlechte erste Halbserie, in der wir lediglich acht Punkte holten, und die, hohe 1:6-Niederlage am 18. Spieltag in Halle haben uns den Klassenerhalt gekostet. Im letzten Treffen gegen den BFC Dynamo hätten wir sogar noch das Blatt wenden können, doch die nervliche Belastung war doch zu groß. Das Kollektiv hat sich in der zweiten Halbserie beträchtlich gefestigt und gesteigert. Das stimmt mich für die kommende Saison optimistisch!"


BFC Dynamo:
Lihsa; Stumpf, Carow, Trümpler, Hall; Fleischer, P. Rohde (69. Voigt), Schütze; Johannsen, Labes, Lyszczan
FC Rot-Weiß Erfurt:
Weigang; Egel; Krebs, Kiesewetter (70. Dummer), Nathow; Wolff, Göpel, Stieler; Albrecht, Häfner, Lindemann

1:0 Stieler            (49., Eigentor)
2:0 Johannsen          (50.)
2:1 Albrecht           (62.)
3:1 Johannsen          (74.)

Schiedsrichter:        Pischke (Rostock)
Zuschauer:             4.000


Manfred Binkowski, Neue Fußballwoche, 22.06.1971