18. Spieltag 1970/71: SG Dynamo Dresden BFC Dynamo 2:1

Die Gunst der Stunde nutzte der BFC nicht
Das immer wieder reizvolle Dynamo-Duell erbrachte den erwarteten Sieger, doch hatte der weit mehr Schwierigkeiten zu überwinden als in allen bisherigen Heimspielen dieser Saison. Der BFC ertrotzte eine Halbzeit ein offenes, verteiltes Feldspiel, seine Stürmer wußten sich aber genauso wenig in Tornähe in Szene zu setzen wie auf der Gegenseite die Dresdner. Prickelnde Torszenen und beherzte Schüsse zählten zu den Raritäten. Der Gast traf auf einen Spitzenreiter, dem es bei allem lobenswerten Einsatz diesmal an der körperlichen und geistigen Frische mangelte. Dresdens Cheftrainer Walter Fritzsch machte kein Hehl daraus: "Die Veränderungen im Mittelfeld und in der Abwehr brachten Unruhe in unser Spiel. Es zeigte sich, daß wir Ausfälle (Kreische, Haustein) einfach noch nicht verkraften können. Wir spielten unklug, hielten den Ball schlecht in unseren Reihen." Und er konstatierte: "Der BFC nutzte aber die Gunst der Stunde nicht, obwohl seine Aktionen konstruktiver als gegen Zwickau angelegt waren."

Ein Verdienst vor allem des sehr dynamischen Rohde, dessen 30-m-Schuß zum Anschlußtor ihm künftig mehr Selbstvertrauen zu Schüssen aus der zweiten Reihe geben sollte, und des geschickt operierenden Becker. Nur wirkten die Sturmspitzen nicht entschlossen, energisch genug, obwohl Labes, Johannsen gegen Kern und F. Ganzera manches Duell in der ersten Halbzeit für sich entschieden und die Berliner die Kraft zu einem tempostarken Endspurt hatten. "Unsere spielerische Steigerung haben wir wohl nachgewiesen", sagte BFC-Verteidiger Joachim Hall enttäuscht, "nur besaßen wir insgesamt zu viel Respekt, der unnötig war."

Und der frühere BFC-Kapitän Martin Skaba kommentierte: "Schade, daß das Anschlußtor erst so spät fiel. denn bei, den Dresdnern ließen die Kräfte nach. Der größere Einsatz und die stärkere Laufarbeit zuvor gaben für sie den Ausschlag." Entscheidend in Rückstand geriet der BFC jedoch erst durch den Foulstrafstoß, dessen Berechtigung jedoch außer Zweifel stand ("Trümpler hatte gegen Richter im Strafraum das Bein stehen lassen, so daß er nicht durchlaufen konnte", so Glöckners Begründung). Dresdens Aufbau fehlten aus der Abwehr (F. Ganzera, Kern) und der zweiten Reihe (Dörner und der sich vorwiegend um Becker kümmernde Rau) Sicherheit und Variabilität. Vieles wirkte schematisch, zahlreiche Aktionen verpufften schon im Mittelfeld. Und wenn nicht Sammer mit seinem Schwung, seinem wiederum aus einer Standardsituation mit blendendem Kopfballtor nach Sachses akkuratem, einstudiertem Eckball gewesen wäre, wer weiß...

Zum Schiedsrichterkollektiv: Glöckner war ein umsichtiger, in entscheidenden Situationen nicht zögernder Spielleiter.


SG Dynamo Dresden:
Kallenbach; Ziegler, Sammer, Kern (65. H. Ganzera), F. Ganzera, Hemp, Dörner, Rau; Riedel, Richter, Heidler (46. Sachse)
BFC Dynamo:
Lihsa; Brillat, Stumpf, Trümpler, Hall; Becker, P. Rohde, Filohn; Johannsen (74. Mielke), Labes (69. Lyszczan), Fleischer

1:0 Dörner             (43., Foulstrafstoß)
2:0 Sammer             (53.)
2:1 Rohde              (85.)

Schiedsrichter:        Glöckner (Markranstädt)
Zuschauer:             30.000


Wolfgang Hempel, Neue Fußballwoche, 13.04.1971