22. Spieltag 1969/70: BFC Dynamo - FC Hansa Rostock 0:0

Nervöse Spannung wurde zur Unruhe
Obgleich der BFC zu dem kleinen Kreis der "gesicherten Mannschaften" unserer Oberliga zählt, Cheftrainer Hans Geitels Stirn zierten diesmal Sorgenfalten. Er sprach von "Widerlichkeiten, die zur Umformierung der gesamten Abwehr zwangen". Kapitän Dieter Stumpf konnte wegen einer Zerrung nur zuschauen, die Hoffnung, daß Carow sich zur beim letzten Mann nötigen Konsequenz durchringen würde, zerschlug sich in Magdeburg. So mußte Hall nach rechts, Schneider auf den Stopperposten rücken und mit Hübner ein Oberliga-Debütant aufgeboten werden. Auch wenn alle Vorgenannten ihre Aufgabe recht gut lösten, von einer eingespielten Formation konnte keine Rede sein. Die nervöse Spannung wurde zur Unruhe, als sich schon nach zehn Minuten Routinier Becker verletzte, schließlich ausscheiden mußte. Bis auf Schütze und den erfreuliche Form bewahrenden Hall blieb niemand, der den jungen Angriff zu führen vermochte, der Ruhe, Übersicht auszustrahlen vermochte.

Das war zu wenig, um gegen die recht gut, sehr schwungvoll und zielstrebig startenden Gäste zu sicherem Kombinationsspiel zu finden. Vieles blieb folgerichtig Stückwerk, zumal Schütze nur wenig das Tempo forcierte, Lyszczan wie Johannsen nur selten durch fleißiges Laufspiel ihre Schatten Brummer und Sackritz abzuschütteln vermochten. Bis auf jenen Schnitzer Brummers, der Lyszczan in freie Schußposition brachte (9.), sah sich Schneider kaum größeren Gefahren ausgesetzt. Vielmehr stand Bräunlich, standen die resoluten Trümpler und Schneider im Brennpunkt des Geschehens. Dank eines gutaufgelegten, sehenswerte Pässe schlagenden Pankau, dank des eifrig nach vorn prellenden Seehaus gewann der FC Hansa ein spürbares Übergewicht. Aber von entschlossenen Schüssen hielten die Streich, Stein und Kostmann wenig. Große Szenen hatte hingegen der mehrfach wuchtig abschießende Hergesell. Er zwang Bräunlich zu drei großartigen Paraden.

"Unsere Sturmspitzen brachten zu wenig Druck", bemängelte dann auch Dr. Horst Saß, der das als Ursache für das Ausbleiben von Toren in dieser Phase suchte. Hans Geitel konnte ihm aus seiner Sicht bedenkenlos zustimmen, selbst im Schlußgang, als der BFC aufkam und der bis dahin fangsichere Schneider zwei Flankenbälle fallen ließ, war kein Vollstrecker mit kühlem Kopf da. Schütze (67.) wie Brillat (77.) oder Hall (72.) vergaben in zwingenden Situationen überhastet. Keine Frage, daß beide Kollektive mit dem Remis letztlich zufrieden sein konnten. Bäume riß - von der guten Startphase Hansas abgesehen - niemand aus. Statt dessen überbot man sich in bissigen, oft sehr unsauber geführten Zweikämpfen, die dem Spielgedanken alles andere als zuträglich waren.

Zum Schiedsrichterkollektiv: Der laufstarke Prokop war stets in Ballnähe, pfiff aufmerksam, wurde aber durch die aufkommende Härte ebenso überrascht wie die 6.000. Energischeres Durchgreifen wäre da nötig gewesen.

BFC Dynamo:
Bräunlich; Hall, Trümpler, Schneider, Hübner; Becker (10. Schulenberg), Schütze, Rohde; Johannsen (61. Brillat), Lyszczan, Weber
FC Hansa Rostock:
Schneider; Sackritz, Rump, Brummer, Hergesell; Lenz, Pankau, Seehaus; Streich, Stein, Kostmann (75. Radtke)

Schiedsrichter:        Prokop (Mühlhausen)
Zuschauer:             6.000


Horst Friedemann, Neue Fußballwoche, 05.05.1970