16. Spieltag 1969/70: BFC Dynamo - BSG Sachsenring Zwickau 1:1

Wenn das Aufwärmen versäumt wird...
Der oberflächliche Beobachter mag es für einen Zufall halten, daß es erst nach etwa zwanzig Minuten sehenswerte und zusammenhängende Aktionen beider Mannschaften zu notieren gab. Zunächst zog der junge Schellenberg (Glaubitz: "Er befindet sich in einer guten Verfassung!") mit einem Steilpaß los und prüfte Bräunlich (19.), dann schloß Lyszczan eine gute Kombination mit einer Eingabe ab, die jedoch keiner zu verwerten wußte (21.). Wer indes das "Aufwärmen" (aus gutem Grund in Gänsefüßchen!) beider Vertretungen verfolgte, der kann keineswegs den Zufall bemühen. Da wurde ein wenig mit dem Ball getändelt, da schob man Bräunlich und Croy die Kugel zu, da gab es allerdings weder einen Sprint noch eine gymnastische Übung noch eine spielnahe Aktion.

Die Quittung für diese Art von "Warmmachen" folgte auf dem Fuße: Auf beiden Seiten wurde aneinander vorbeigespielt, zunächst bekam keiner einen Ball richtig unter Kontrolle, und Hans Geitel sprach davon, daß die "Betriebswärme" fehlte. Und eben weil man den Start verpatzte, übertrug sich die Unruhe auf das gesamte Spiel, blieb es ein insgesamt leistungsarmes Treffen, und nur den guten Willen, das Bemühen, den Kampfgeist zu loben, das ist bei Oberligaspielern dann doch zu wenig. Wie sich ein Sänger einsingen, ein Orchester abstimmen muß, so sollte es für Fußballmannschaften selbstverständlich sein, sich aufzuwärmen. An sich überflüssig, das zu betonen, denn auch die Spieler sollten entsprechend geschult sein. Doch die Praxis beweist das Gegenteil.

Ein Trainer, finde ich, sollte auf so etwas mehr achten als sich in Diskussionen darüber auszulassen, ob ein Foul im oder außerhalb des Strafraums verübt wurde oder festzustellen, daß man, obwohl spielbestimmend, doch nicht zum Erfolg kam. Zu loben gab es ansonsten wenig. Da war Schellenbergs kluges Flügelstürmerspiel, da war Halls Umsicht und sein Mut zum Schuß als Verteidiger, da gab es gute Paraden von Bräunlich und Croy ("Beim Strafstoß sprang mir der Ball unglücklich an die Hand, so daß er wegprallte"), und da war noch ein Freistoß an die Latte von Rentzsch, der einstige Torjäger zieht sich mehr und mehr zurück, zu notieren. Zumeist jedoch triumphierte der Zufall, begünstigt auch durch Wind und Schneetreiben, der kämpferische Aufwand, der in keinem Verhältnis zum spielerischen Nutzen stand.

Zum Schiedsrichterkollektiv: "Prokop leitete gut", lobte Fritz Köpcke, "lief viel und verstand sich mit seinen Assistenten." Ein wenig mehr Ausstrahlungskraft und energischeres Einschreiten bei böswilligen Fouls wäre wünschenswert.

BFC Dynamo:
Bräunlich; Stumpf, Trümpler, Carow, Hall; Becker, Schütze, Rohde; Schulenberg, Aedtner, Lyszczan
BSG Sachsenring Zwickau:
Croy; Babik, Glaubitz, Söldner, Wohlrabe; Krieger, Leuschner, Rentzsch; Schellenberg, Henschel, Hoffmann (70. Resch)

1:0 Becker             (35., Foulstrafstoß)
1:1 Schellenberg       (70.)

Schiedsrichter:        Prokop (Mühlhausen)
Zuschauer:             3.000


Klaus Schlegel, Neue Fußballwoche, 31.03.1970