09. Spieltag 1969/70: FC Hansa Rostock - BFC Dynamo 1:2

Pfiffe erreichten das Gegenteil
Wohl zu Recht lobte BFC-Cheftrainer Hans Geitel nach Spielschluß die taktische Disziplin seiner Elf, die selbst in den kritischsten Phasen, und davon hatten die Gäste einige zu überstehen, nie den Kopf verlor und mit großartiger Moral auch die schwersten Hansa-Sturmwellen überstand. Dabei verzichteten die Berliner diesmal von vornherein auf übertriebene spielerische Schnörkel, bewältigten sie doch ein ganz auf Zweckmäßigkeit, Zielstrebigkeit  und Sicherheit abgestimmtes Pensum. So widmete sich Rohde, im Mittelfeld aufgeboten, von Anbeginn intensiv Kostmann (mit viel Erfolg), auch Becker sicherte zumeist hinten ab. Nur Schütze, von dessen Ideen und Pässen die Angriffsspitzen profitierten, stürmte wirkungsvoll mit. Zweifellos kam der frühzeitige Führungstreffer der Berliner Konzeption entgegen, als Becker von der Strafraumlinie einen folgenschweren Fehler von Below mit einem prächtigen Direktschuß ins rechte obere Eck nutzte, nachdem der Hansa-Torhüter einen Eckball von Aedtner nur mit einer Hand dem Berliner genau auf den Fuß geboxt hatte.

Von diesem Schock erholten sich die Rostocker, auf Grund ihrer Tabellensituation psychisch ohnehin angeschlagen, wohl im ganzen weiteren Spielverlauf nicht mehr. Zwar stürmten sie in der Folgezeit fast ununterbrochen, erzielten sie besonders in der ersten Hälfte, als die Dynamo-Deckung noch nicht ihre spätere Stabilität erreicht hatte, eine große Anzahl von Chancen. Aber sie blieben ungenutzt, zumal Lihsa einige großartige Rettungstaten vollbrachte oder Hall (18.) für seinen schon geschlagenen Torhüter auf der Linie retten konnte. Sicher trugen auch die Pfiffe durch den eigenen Anhang, die bereits nach fünf Minuten nach einer mißglückten Aktion von Kostmann einsetzten, keineswegs zur Herabminderung der Nervosität in der Hansa-Mannschaft bei.

Trotzdem bemühten sich die Platzherren unermüdlich um den Ausgleich. Das Eckenverhältnis stieg am Ende auf 18:3. Besonders Pankau, Seehaus und Decker trieben ihren Sturm fast pausenlos nach vorn, erzielten Streich, der sehr beherzt dribbelte, Stein und Hahn einige Wirkung, orientierten sich Hergesell und besonders Sackritz sehr, aber wohl zu sehr, zum gegnerischen Tor. Denn nachdem schon vor dem Wechsel über die oftmals sträflich offene linke Rostocker Abwehrseite die gewitzten BFC-Stoßstürmer einige gefährliche Aktionen starteten, war es Lyszczan, der, nachdem eine Minute zuvor ein Decker-Gewaltschuß vom Balken des BFC-Tores aufgehalten wurde, endgültig die Entscheidung herbeiführte. Von der Mittellinie zog der wuchtige Stoßstürmer los, ließ sich von Sackritz und Wruck nicht aufhalten und vollendete überlegt am herausstürzenden Below vorbei.

FC Hansa Rostock:
Below; Sackritz; Wruck, Seehaus, Hergesell; Pankau, Decker; Streich, Stein, Kostmann (58. Barthels), Hahn
BFC Dynamo:
Lihsa; Stumpf; Trümpler, Carow, Hall; Becker, Rohde, Schütze; Lyszczan, Aedtner (73. Großmann), Prescher

0:1 Becker             ( 3.)
0:2 Lyszczan           (70.)
1:2 Pankau             (89., Handstrafstoß)

Schiedsrichter:        Bader (Bremen/Rhön)
Zuschauer:             7.000


Klaus Thiemann, Neue Fußballwoche, 30.09.1969