15. Spieltag 1966/67: BFC Dynamo - FC Karl-Marx-Stadt 1:1

67 Minuten führte der Gastgeber
Der 18jährige Dynamo-Stürmer mit dem schwedisch klingenden Namen Johannsen drehte sich um. Sein strahlendes Gesicht glich dem eines Kapitäns, der nach einer Unwetterfahrt auf der Suche nach einem Eiland seiner Mannschaft zuruft: “Jungens, Land in Sicht!“ Nun, Johannsen rief das nicht, aber als ihn seine Fußballkameraden freudig in die Mitte nahmen, konnte man auf den Rängen ahnen, was in den Berliner ”Dynamos“ in diesem Moment vor sich ging. Sie führten als Tabellenletzter nach genau 20 Spielminuten gegen den Spitzenreiter 1:0. Durch ein Tor von Johannsen, dessen Flachschuß an Hambeck vorbei ins Tor gehuscht war. Die Freude über diesen Treffer merkte man unschwer auch dem Mann am Stadionmikrophon an, der den Zuschauern sofort eine Kundendienst-Zugabe machte, indem er erwähnte, daß der Torschütze noch Juniorenspieler sei.

Dynamo-Trainer Volentik schenkt gegenwärtig jungen Talenten sein Vertrauen, denn auch der neben Johannsen stürmende Schütze zähle erst 18 Lenze. Und nimmt man den ehemaligen Stadtligaspieler Großmann hinzu, so bleibt nur Bley der einzige “Alte“ im BFC-Angriff. Daß die jungen Leute trotz des Johannsen-Treffers noch erhebliche Schwächen haben, ließ sich nicht verleugnen, ist aber auch verständlich. In der Oberliga weht halt schon ein rauheres Lüftchen. Nimmt man es ganz genau, so war Großmann (vor allem kopfballgefährlich) der einzige, dem das Prädikat ”Stürmer“ zugesprochen werden konnte. Ob das auf die Dauer gut geht, wird sich zeigen. Volentiks Mut jedenfalls imponiert. In der Abwehr stand Dynamo ausgezeichnet. Über Stumpf ist schon etwas gesagt. Auch Dorner überzeugte, und Becker gefiel im Mittelfeld.

Dagegen blieb der routinierte Unglaube schwach. Es war schon bitte für die Berliner, die enorm fleißig kämpften, als ihnen kurz vor dem Abpfiff der volle Erfolg über den Titelanwärter entrissen wurde. Nationalspieler Vogel, der leider nichts Sehenswertes vollbrachte, hatte geschossen, doch warf sich Mühlbächer in den Schuß und holte den Ball mit dem Körper von der Linie. Aber Schuster stand auf dem richtigen Fleck und brachte den Nachschuß an Bräunlich vorbei ins Netz. Das Spiel konnte von der kämpferischen Seite her zufriedenstellen. Spielerisch bot vor allem der FCK viel zu wenig. Erler rackerte mühsam im Mittelfeld, doch seine Nebenleute Lienemann (verschoß nach einem Alleingang die größte Chance) und Steinmann wußten nicht viel mit den Pässen anzufangen. Es schien, als fehlte jegliche Konzeption. Auch hier war der beste Mannschaftsteil die Abwehr.

BFC Dynamo:
Bräunlich; Stumpf; Mühlbächer, Dorner, Skaba; Becker, Unglaube, Johannsen; Schütze, Großmann, Bley
FC Karl-Marx-Stadt:
Hambeck; Rüdrich; Feister, P. Müller, A. Müller; Posselt, Schuster, Steinmann; Lienemann, Erler, Vogel

1:0 Johannsen         (20.)
1:1 Schuster           (88.)

Schiedsrichter:        Zülow (Rostock)
Zuschauer:             8.000

Joachim Pfitzner, Neues Deutschland, 26.02.1967