22. Spieltag 1965/66: BFC Dynamo - BSG Wismut Aue 0:1

Mit geschickten Angriffen BFC nervös gemacht / Wismuts variable 4-3-3-Konzeption ließ die Dynamo-Elf nicht ihren Rhythmus finden / Unverständliche Strafstoßscheu Schiedsrichter Töllners
Als Schiedsrichter Töllner (zu ihm später noch eine Bemerkung) die Begegnung bei kaltem unfreundlichem Wetter abpfiff, stand es fest, daß mit Wismut nun auch die letzte unserer Oberligavertretungen auswärts zu einem vollen Erfolg gekommen war. Daß dies ausgerechnet beim heimstarken BFC Dynamo (17:3 Punkte) geschah, durfte die Erzgebirgler besonders freudig stimmen. Wismut-Trainer Bringfried Müller sagte denn auch, wie stets aufgeschlossen und mit voller Berechtigung: "Unsere 4-3-3-Konzeption hat sich, wie schon in den letzten Spielen, auch heute bewährt. Es lief streckenweise schon ganz beachtlich zusammen." Die Erzgebirgler boten eine gute Partie, ein Lob, das allen Mannschaftsteilen gleichermaßen ausgesprochen werden muß. Der vor dem instinktsicher handelnden und nie die Übersicht verlierenden Thiele operierende Abwehrblock gab sich kaum eine Blöße.

Gerber (mit Stirnverband auf Grund einer am Karfreitag erlittenen Verletzung) und Wagner (der beste Mann auf dem Feld!) ließen Jakob und Bley keine Entfaltungsmöglichkeit. Im Deckungszentrum imponierten die ungemein einsatzfreudigen und in Kopfballduellen nur ganz selten zu schlagenden Killermann und Pohl. Wismut suchte das Spiel, den ballsichernden Kurzpaß ebenso wie den blitzschnellen Steilpaß, Schaller, Schnürer I und Göcke variierten diese Methode überraschender Angriffshandlungen so geschickt, daß Hartwig und Eberlein vor allem immer wieder kreuzgefährlich in die freien Räume stießen und ihre Torgefährlichkeit unter Beweis stellten. Es verwunderte doch, wie schwer es der Dynamo-Abwehr fiel, sich auf die quicklebendigen Wismutstürmer einzustellen. Mißverständnisse in der Deckung (so zwischen Heine, Mühlbächer, Stumpf und Wolff) trugen ebensowenig dazu bei, die notwendige Sicherheit und Stabilität zu erlangen wie andererseits Umständlichkeiten und Langatmigkeiten in den Aktionen von Unglaube, Kochale und Hall geeignet waren, sowohl zum eigenen vorteilhaften Spielrhythmus, zu finden als auch die Wismut-Abwehr vor unlösbare Probleme zu stellen.

Ganz abgesehen davon, daß bis auf Mühlbächer häufig unkonzentriert und schwach geschossen wurde (Bley, Hall). Hier lagen die entscheidenden Ursachen, die den Ausschlag über Sieg und Niederlage gaben. Ungeachtet dessen soll aber jene Spielszene nicht unterschlagen werden, die Anlaß zu heftiger und auch durchaus verständlicher Erregung auf dem Spielfeld und auf den Rängen war. Als nämlich Hall in der 80. Min. mit dem Ball am Fuß in den Strafraum eindrang, wurde er deutlich sichtbar innerhalb (!) des 16-m-Raumes gefoult. Bley schoß Sekunden später ein, doch Schiedsrichter Töllner brachte nicht den nun einmal unerläßlichen Mut zur konsequenten Entscheidung auf. Er verhängte keinen Strafstoß, sondern verlegte den Ort der Freistoßausführung direkt auf die 16-m-Linie. Eine Maßnahme, die ganz einfach falsch war. So weit darf das beliebte Spiel, sich in Zweifelsfällen nicht für das Entweder-oder, sondern für die Goldene Mitte zu entscheiden, nun doch nicht getrieben werden!

BFC Dynamo
Bräunlich; Stumpf; Mühlbächer, Heine, Skaba; Wolff, Unglaube, Bley, Hall, Kochale, Jakob
BSG Wismut Aue:
Thiele; Gerber; Pohl, Wagner, Göcke; Killermann, Schüßler, Schnürer; Hartwig, Schaller, Eberlein

0:1 Eberlein           (55.)

Schiedsrichter:        Töllner (Rostock)
Zuschauer:             6.000

 
Günter Simon, Neue Fußballwoche, 13.04.1966