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Nach 0:2 erwachte Kampfgeist / Aus klug gestaffelter Abwehr inszenierten Müller, Ducke gefährliche Konterschläge, erzielte Krauß einen Zwei-Tore-Vorsprung, den der auf zehn Mann dezimierte BFC noch wettmacht "Wir hoffen, auch nach diesem Spieltag weiter Spitzenreiter sein zu können."
Diese Worte Roland Duckes, vor dieser Begegnung gesprochen, fanden Erfüllung, wenngleich allerdings der FC Carl Zeiss die Hilfe der Zwickauer Motor-Elf dazu benötigte. Dennoch: Die Schützlinge Trainer Buschners holten beim
heimstarken BFC Dynamo einen Punkt und dürften diese Tatsache durchaus als einen Erfolg ansehen, als einen verdienten Erfolg, wie wir gleich hinzusetzen möchten. Auf einen Schönheitspreis verzichteten die Thüringer von
vornherein. Alle ihre Aktionen atmeten Zweckmäßigkeit, waren zunächst darauf gerichtet, keinen Gegentreffer hinnehmen zu müssen und durch schnelle Konterschläge selbst gefährlich zu werden und Tore zu erzielen. Sowohl das eine
als auch das andere wurde lange Zeit gut demonstriert.
Vor dem eigenen Strafraum wurde ein schier undurchdringlicher Sperriegel errichtet. Das sah zwar nicht immer schön aus, hatte aber die gewünschte Wirkung. Wäre nicht
jener verunglückte Rückpaß Marx' gewesen, den Carow zu Kochale leitete, der den Anschluß herstellte, und wäre Heinzel beim 2:2 rechtzeitig aus dem Tor geeilt, Unglaube hätte kaum den Ausgleich erzielen können. So aber wurde
einmal mehr bewiesen, daß es nur schwer möglich ist, neunzig Minuten eine völlig fehlerlose Deckungsarbeit zu bieten. Vor Heinzels Gehäuse bauten sich Otto (warum fast ständig diese übertriebene Härte, die wir zwei-, dreimal
auch bei Skaba sahen?), Marx (risikolos), Hergert (was sollte die Nr. 8?), Ahnert (überlegt, meist das Spiel suchend), Werner (muß sich das bloße "Wegdreschen" abgewöhnen), Rock (war so etwas wie "Mädchen für
alles") und mitunter auch Lange auf. Diese Deckung stand so klug gestaffelt, kämpfte so aufopferungsvoll, daß dem zur Schau neigenden Heinzel wenig Arbeit blieb. Ein Irrtum zu glauben, der FC Carl Zeiss habe sich lediglich
darauf beschränkt, seinen Abwehraufgaben nachzukommen.
Aus dieser festgefügten Deckung wurden kreuzgefährliche Angriffe vorgetragen, an denen Müller, der sich auch in kämpferischer Hinsicht von seiner besten Seite
zeigte, und Roland Ducke, trickreich und springlebendig wie einst im Mai, den Hauptanteil hatten. Diese Konterattacken, weiträumig, schnell, genau, ideenreich und überraschend, führten nicht nur zu zwei sauberen Toren (zuerst
kanonierte Krauß die Kugel aus spitzem Winkel ins Netz, dann köpfte der "Linksaußen mit der Nr. 7" nach sauberer Vorarbeit Duckes das 2:0), sondern zu zahlreichen brenzligen Situationen vor Bräunlichs Tor. Einige
Schüsse Müllers und Rocks, der oft mit vorprellte, zeugten davon. So verrieten die Gäste eine große Elastizität, die allerdings gegen Spielende offensichtlich ihre Kräfte überforderte. Nach dem 0:2 begehrte der BFC vor allem
kämpferisch auf, spürte die drohende Niederlage, suchte mit aller Kraft das Geschick zu wenden, trug so dazu bei, daß das Treffen sich dynamisch zuspitzte, interessant und gutklassig blieb.
Dabei hatte er von der 15.
Minute an nur noch neun vollwertige Feldspieler. Carow wurde angeschlagen, ging auf den linken Flügel, und Mühlbächer nahm seine Position ein. Das war der erste große Fehler der Berliner. Anstatt gerade die massierte Jenaer
Deckung über die Flügel aufzureißen, beorderte man einen angeschlagenen Spieler auf die linke Seite, der zudem noch weit mehr als Bley auf der rechten angespielt wurde. Dabei ist es doch insbesondere im modernen Fußball zu
einer Binsenwahrheit geworden, welch wichtige Rolle Flügelstürmer zu erfüllen haben. Der zweite Fehler wurde vor allem von Wolff, Unglaube, aber auch von Jakob und Kochale begangen. Indem sie zu langsam das Mittelfeld
überbrückten, es überliefen, anstatt es zu überspielen. Dadurch ging kostbare Zeit verloren, Zeit, die Jena nutzte, seine Deckung wieder zu festigen. So reichte zwar der enorme Kampfgeist noch zu einem Unentschieden, um aber
aus dem 0:2-Rückstand noch ein 3:2 machen zu können, hätte es eines konzentrierteren Einsatzes auch der spielerischen Mittel bedurft, die doch ohne Zweifel vorhanden sind.
BFC Dynamo: Bräunlich; Stumpf; Carow, Skaba, Mühlbächer; Wolff, Unglaube, Bley; Hall, Kochale, Jakob FC Carl Zeiss Jena: Heinzel; Otto, Marx, Ahnert, Werner; Rock, Krauß, Hergert; Müller, Lange, Ducke
0:1 Krauß (13.) 0:2 Krauß (35.) 1:2 Kochale (40.) 2:2 Unglaube (79.)
Schiedsrichter: Männig (Böhlen) Zuschauer: 10.000
Klaus Schlegel, Neue Fußballwoche, 05.04.1966

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