01. Spieltag 1965/66: BSG Motor Zwickau - SC Dynamo Berlin 3:2

Mit unbändigem Kampfgeist / Dynamo-Abwehr nicht immer im Bilde / Motor ließ sich auch vom Pausenrückstand nicht beeindrucken
In Zwickau zu verlieren ist gewiß keine Schande, und im Georgi-Dimitroff-Stadion werden nach dem SC Dynamo Berlin sicher noch andere Mannschaften Federn lassen müssen. Diese Feststellung am Anfang soll keine Entschuldigung für die Berliner sein, denn die Spieler um Skaba und Mühlbächer hatten die reelle Chance, hier als Sieger vom Platz zu gehen. Wenn... wenn beispielsweise die Stürmer erkannt hätten, daß Zwickaus Schlußmann Franke nicht seinen besten Tag hatte. Dieses Erkennen mit plazierten Schüssen auszunutzen wäre der halbe Erfolg gewesen. Oder, wenn die Hintermannschaft, mit Ausnahme von Bräunlich, das gehalten hätte, was Namen wie Dorner, Mühlbächer und Skaba versprechen. Dann wäre aus der 2:1-Führung nicht noch ein 2:3-Rückstand geworden. Doch Zwickaus junge Mannschaft warf alle "Wenn" und "Hätte" über den Haufen. Mit unbändigem Kampfgeist, der oft spielerische Mängel und Unerfahrenheit einiger Athleten ausgleichen mußte, ging sie in dieses Treffen. Der Angriff, und hier vor allem der Innensturm mit Rentzsch, Henschel und Irmscher, schuf von Anfang an gefährliche Situationen vor dem Dynamo-Tor.

Das Eckenverhältnis von 13:4 für die Gastgeber spricht für seinen Tatendrang. Die Berliner können sich bei ihrem Schlußmann Bräunlich bedanken, daß sie nicht höher verloren haben. Bereits in der fünften Minute konnte er sich das erste Mal auszeichnen, als er einen scharfen Schuß von Henschel parierte. Während der neunzig Spielminuten war er noch oftmals letzte Rettung für Dynamo. In keiner Phase des Spiels bekam die Abwehr der Gäste ihre Gegenspieler so richtig in den Griff. Einer der Gründe ist sicher, daß Nationalspieler Waldemar Mühlbächer noch nicht wieder richtig in seine Clubelf hineinpaßte. Er war weder hinten der ruhende Pol noch der Motor für den Angriff. Und gerade der Sturm hätte einen Antrieb nötig gebraucht. Drucklos und in vielen Fällen direkt unbeholfen rannte sich die Fünferreihe an Zwickaus Hintermannschaft fest. Selbst nach der 2:1-Pausenführung konnte sich keiner stolz an die Brust schlagen und sagen: "Unser Verdienst." Denn keiner der Treffer entsprang einer vom Sturm klar herausgespielten Chance.

BSG Motor Zwickau:
Franke; Glaubitz, Beier, Söldner; Jura, Enge; Hoffmann, Rentzsch, Henschel, Irmscher, Erdmann
SC Dynamo Berlin:
Bräunlich; Dorner, Carow, Skaba; Mühlbächer, Unglaube; Aedtner, Wolff, Hall, Kochale, Bley

1:0 Irmscher           ( 7.)
1:1 Bley               (27.)
1:2 Mühlbächer         (38.)
2:2 Rentzsch           (66.)
3:2 Henschel           (74.)

Schiedsrichter:        Glöckner (Leipzig)
Zuschauer:             10.000


Jürgen Kapsch, Neue Fußballwoche, 17.08.1965