03. Spieltag 1964/65: SC Dynamo Berlin - SC Empor Rostock 0:2

Barthels und Drews im richtigen Moment mit Selbstvertrauen! / Das jedoch fehlte dem Dynamo-Angriff im ersten Abschnitt völlig!
Gestattet dieser Erfolg des Vizemeisters zugleich die Feststellung, die Mannschaft habe in Berlin in eindrucksvoller Haltung aufgespielt und allen Anforderungen entsprochen, die man zu Recht an sie stellen darf? Wenn wir in dieser Hinsicht ein wenig kritisch verfahren, ohne dabei den letzten Endes verdienten Sieg einschränken zu wollen, so hat das unseres Erachtens nach triftige Gründe. Was veranlaßt uns dazu? Ohne Frage begann der SC Empor diese Auseinandersetzung selbstsicher und ganz im Vertrauen auf die Leistungsstärke seiner Schlüsselspieler. Von Ihnen beeindruckten gleich in den ersten Aktionen Pankau und Seehaus durch Ihr ausgefeiltes Können am Ball, Ihre Antrittsschnelligkeit ans dem Mittelfeld heraus und nicht minder durch das wiederholte Einschalten In die Angriffsaktionen.

Vor allem das hervorragend abgestimmte Mittelfeldtandem bestimmte das zunächst eindeutige Übergewicht, dem Dynamo in dieser ersten Phase mit sporadischen und kaum erfolgversprechenden Angriffshandlungen entgegnete. Es mußte jedoch verwundern, wie wenig der Rostocker Gast sein gefälliges Mittelfeldspiel später in torgefährliche und weiträumige Angriffe münden ließ. Zumeist bewegten sich Barthels, Drews und auch Hergesell weit in der eigenen Hälfte, wo sie sich kurz anspielen ließen und betonten Wert darauf legten, das Leder möglichst lange im Besitz zu halten.

Da sich Kostmann ebenfalls fast ausschließlich auf die Flügel orientierte und nur selten den Ansatz zu einem blitzschnellen Durchbruch in der Angriffsmitte erkennen ließ, sah sich Dynamos aufmerksamer Schlußmann lediglich dann zur Reaktion gefordert, wenn die nachdrängenden Läufer aus dem Hinterhalt zum Torschuß ansetzten. Hatte die gastgebende Mannschaft in der ersten Viertelstunde kaum Fuß fassen und den Beweis mannschaftlicher Stärke nachweisen können, so änderte sich das Verhältnis der Kräfte ab diesem Zeitpunkt beträchtlich. Zwischen der 15. und 30. Minute schufen schnelle und oftmals klug vorbereitete Angriffe die Voraussetzungen dafür, mit mindestens zwei Toren Vorsprung davonzuziehen.

Weil vor allem Wolff und Unglaube jedoch zweimal verzogen, als das 1:0 unabwendbar schien, blieb der Erfolg dieses Aufwandes versagt, und schon zu diesem Zeitpunkt mußte man die Befürchtung hegen, daß sich das Auslassen derart günstiger Möglichkeiten später bitter rächen könnte. Dabei beging die Elf noch einen weiteren schwerwiegenden Fehler, als sie den gewiß schnellen und spielfreudigen Großmann kaum ins Spiel einbezog und ihm keine Möglichkeit gab, über den nicht immer stellungssicheren linken Verteidiger Söllner Vorteile herauszuholen. Von dieser Tatsache profitierte der Gegner nicht unbeträchtlich. Dabei hatte es die Abwehr schwer, um sich im richtigen Moment auf den immer wieder aus der Tiefe vorprellenden Mühlbächer zu orientieren, dessen Fernschüsse jedoch oft zu unüberlegt und ohne Aussicht auf Erfolg kamen.

Und da sich mit fortschreitender Zeit die Mängel im reibungslosen Zusammenspiel häuften und die Mannschaft nach dem Auslassen einer weiteren Großchance doch offensichtlich “angeknackst” war, vollzog sich schließlich die Niederlage. Sowohl bei der plazierten Eingabe von Hergesell, die Barthels per Kopf zum 1:0 für seine Elf nutzte, als auch beim 2:0 durch Drews in der 85. Minute klaffte dabei in Dynamos Abwehr ein riesengroßes Loch. Die Rostocker Stürmer besaßen genügend Selbstvertrauen und Abgeklärtheit (was sie beträchtlich von Dynamos Schützen unterschied!), um diese Blößen des Gegners erbarmungslos zu bestrafen!

SC Dynamo Berlin:
Marquardt; Dorner, Heine, Skaba; Bley, Unglaube; Großmann, Hall, Mühlbächer, Wolff, Geserich
SC Empor Rostock:
Pfennig; Sackritz, Rump, Söllner; Pankau, Seehaus; Barthels, Habermann, Kostmann, Drews, Hergesell

0:1 Barthels           (74.)
0:2 Drews              (85.)

Schiedsrichter:        Köhler (Leipzig)
Zuschauer:             7.000

Dieter Buchspieß, Neue Fußballwoche, 25.08.1964