22. Spieltag 1962/63: SC Motor Jena - SC Dynamo Berlin 1:0

Im entscheidenden Moment war P. Ducke zur Stelle: 1:0-Sieg / Berliner verteidigten aufopferungsvoll / Vier Minuten vor Schluß erst den Erfolg sichergestellt
Endlich schafften es die Jenaer einmal, dem SC Dynamo auf eigenem Platz beide Punkte abzunehmen, was ihnen in all den vorangegangenen Oberliga-Jahren noch niemals gelungen war. Aber dieses 1:0 war im sprichwörtlichen Sinne hauchdünn. Dynamo brachte es abermals fertig, den in den letzten Wochen so vielgepriesenen Jenaer Angriff fast völlig lahmzulegen. Der Sturm des Tabellenführers war seiner Hauptwaffe, Peter Ducke, schon dadurch fast beraubt, daß die Berliner ihren Halbrechten Bley praktisch für den Angriff "opferten" und zur Sonderbewachung für P. Ducke abstellten. Bley löste diese taktische Aufgabe mit frappierender Gründlichkeit, folgte dem Jenaer Nationalstürmer auf Schritt und Tritt. womit gleichzeitig das Angriffsspiel des Gastgebers seiner gefährlichen Sturmspitze ledig war. Da die Berliner darüber hinaus noch über eine glänzend aufgelegte Verteidigerreihe verfügten und diese durch beide Läufer wirkungsvoll unterstützt wurde, war für den Angriff des Meisterschaftsanwärters einfach nicht viel drin.

Was nütze die Feldüberlegenheit, wenn man 90 Minuten lang nur wenige Male in der Lage war, torverheißende Situationen zu schaffen. Da wirkten die Berliner Angriffe, meist steil angelegt, fast genauso gefährlich wie eine Überzahl Jenaer Kombinationen, die meist viel zu eng aufgezogen wurden. Die körperliche Stabilität der Dynamo-Abwehr, ihr harter Einsatz ließ den SC Motor fast stolpern. Schwerwiegend für die Gäste war die Tatsache, daß sie in der 54. Minute ihren bis dahin recht drangvollen, aber auch reichlich unsauber spielenden Mittelstürmer Schnaase durch Feldverweis verloren. Schiedsrichter Kunze blieb gar keine andere Möglichkeit, als Schnaase selbst den am Boden liegenden Marx vorsätzlich foulte. Aber auch gegen zehn Berliner, die ihre Abwehr noch verstärkten und das Mittelfeld den Jenaern förmlich preisgaben, schien Jena nichts Entscheidendes herausholen zu können. Nur gut, daß die Motor-Abwehr, einschließlich der Läufer, einwandfrei arbeitete und so Fritzsche kaum Arbeit überließ. Auch an diesem Tage erzielte P. Ducke, Anführer unserer Torschützenliste, seinen Treffer!

Ausschlaggebend dafür aber war ein von Verteidiger Otto meisterhaft geschlagener Steilpaß über etwa 35 Meter zu dem freistehenden Rock. Diesen konnte Bräunlich durch Dazwischenwerfen zwar bremsen, aber das Leder sprang zu P. Ducke, der von Bley in unübersichtlicher Situation einen Moment außer acht gelassen, mit dem Leder um Bräunlich herumging und aus kürzester Distanz zum alles entscheidenden 1:0 einschoß. Das war die Entscheidung zugunsten der Thüringer, bei denen diesmal die Angriffsreihe kaum zu überzeugen vermochte und lediglich in dem in der zweiten Halbzeit besser auftrumpfenden R. Ducke einen befriedigenden Spieler besaß. Von R. Ducke gingen zumindest in der zweiten Halbzeit die entscheidenden Spielzüge in Dynamo-Strafraumnähe aus. Der SC Motor brachte damit das Kunststück fertig, in dieser Saison gegen ASK Vorwärts und Dynamo Berlin alle acht möglichen Pluspunkte einzukassieren!

SC Motor Jena:
Fritzsche; Otto; Stricksner, Woitzat, Hergert; Marx, Rock, Müller; P. Ducke, Lange, R. Ducke
SC Dynamo Berlin:
Bräunlich; Dorner; Heine, Skaba, Mühlbächer; Maschke, Klingbiel, Bley; Schnaase (54. Platzverweis), Schröter, Geserich

1:0 P. Ducke           (86.)

Schiedsrichter:        Kunze (Karl-Marx-Stadt)
Zuschauer:             11.000

Peter Palitzsch, Neue Fußballwoche, 26.03.1963