21. Spieltag 1962/63: SC Lok Leipzig - SC Dynamo Berlin 2:1

Fischer führte Lok-Angriff
Der SC Lok ließ seit Wochen mit recht respektablen Leistungen aufhorchen und sich auch durch Rückschläge (so gegen SC Wismut 0:1) nicht vom Weg der Erfolge abbringen. Dieser Doppelpunktgewinn in einem für beide bedeutungsvollen Treffen zeigte, daß die junge Leipziger Elf nicht Nervenstärke, sondern auch Klugheit, Besonnenheit und eine vorzügliche Kampfmoral ihr eigen nennt. Lok-Trainer Alfred Kunze sagte dazu: "Wir waren vor Beginn der zweiten Serie in einer prekären Tabellensituation. Aber da bewiesen die Jungen ihre große Moral, sagten sie sich, nun erst recht. Sie zeigten einen großen mannschaftlichen Zusammenhalt." Aus dieser kollektiven Stärke ist das homogene Leipziger Spiel verständlich, wie sie trotz des kämpferischen Aufbegehrens in erster Linie ihre spielerischen Fähigkeiten in die Waagschale zu werfen vermögen. Diese Begegnung war kein Klassespiel. Zu sehr fehlten über eine Stunde die belebenden Tor- und Strafraumszenen. Zu wenig gelang es den Stürmern, torverheißende Situationen herauszuspielen. Aber dessen ungeachtet ließ Lok nicht von seinem Konzept ab, ließ man sich nicht auf blinde Schläge ein, sondern suchte grundsätzlich seine Aktionen aufzubauen.

Prachtvoll dirgierte Fischer seine Nebenleute, ja, besser, seine Vorderleute, denn er ging weit zurück, operierte praktisch als dritter Läufer. Neben seinem wie immer aufopferungsvoll kämpfenden Kapitän Drößler adressierte Fischer seine Pässe genau, zeigte dabei viel Übersicht und Verständnis beim Aufbau der Aktionen. Von seinem Spiel profitierte der Angriff. Da wurde Frenzel geschickt ins Spiel gebracht. Da hatte der kräftige Scherbarth mehrmals Gelegenheit, sich im Strafraum, besonders bei Kopfbällen, seine körperlichen Vorzüge zunutze zu machen. Nur Seidlitz zeigte nicht den Angriffsdrang, den er in den letzten Wochen bot. In der Abwehr erwies sich erneut Walter als schlagsicherer, ruhiger, seine Nebenleute klug einsetzender Stopper. Mit Gießner stand ihm ein gescheiter Mann zur Seite, und vor sich wußte er zwei Läufer, die bei allen konstruktiven Zügen in keiner Minute ihre Deckungspflichten vernachlässigten. Sicher, die Berliner waren bis zum Schluß einem Remis nahe. Besonders in den 10 Schlußminuten, als die Läufer, vor allem Mühlbächer, prachtvoll mitstürmten. Aber das täuschte nicht darüber hinweg: Mit diesem Innentrio kann man keinen Blumentopf gewinnen: Wenn Schröter nicht nach hinten ausgewichen wäre, sondern nur vorngeblieben, den drangvollen Geserich eingesetzt hätte, es wäre wertvoller für Dynamo gewesen.

SC Lok Leipzig:
Nauert; Gießner; Walter, Herrmann, Dallagrazia; Drößler, Gase, Frenzel; Scherbarth, Fischer, Seidlitz
SC Dynamo Berlin:
Bräunlich; Dorner; Heine, Skaba, Mühlbächer; Maschke, Klingbiel, Renk; Schnaase, Schröter, Geserich

1:0 Fischer            (57., Foulstrafstoß)
1:1 Heine              (65., Foulstrafstoß)
2:1 Scherbarth         (67.)

Schiedsrichter:        Köpke (Wusterhausen)
Zuschauer:             2.000 (in Cottbus)

Wolf Hempel, Neue Fußballwoche, 19.03.1963