14. Spieltag 1962/63: SC Dynamo Berlin - SC Rotation Leipzig 2:0

Drangvoller, wuchtiger gestürmt, besser geschossen / Schnaase und Mühlbächer sorgten für Dynamo-Sieg / Rotation verlor die Linie und das Spiel
Der Start zur zweiten Halbserie begann für die Berliner recht vielversprechend. Und ganz offensichtlich scheint es bei ihnen wieder voranzugehen. Sie lösten ihre Aufgabe gegen einen zwar nicht in Bestform, aber gewiß nicht schlecht spielenden SC Rotation zur Zufriedenheit der 1.500 Unentwegten. Es ist nur zu gerecht, den Aktiven für ihre Leistungen bei rund 10 Minusgraden ein Pauschallob auszusprechen. Sie sorgten dafür, daß den Zuschauern die Kälte nicht allzuviel ausmachte und belohnten die Treue mit einem Spiel, das zumindest in der ersten Halbzeit gute Momente und spannende Situationen hatte. Rotations taktische Maßnahme, Halbstürmer Trojan mit der Sonderbewachung Schröters zu beauftragen, erwies sich schon bald als Fehlspekulation. Zwar kam der Dynamo-Halblinke nicht so recht zum Zuge, der Rotation-Angriff aber beraubte sich damit selbst einer seiner torgefährlichsten Kräfte.

Das erwies sich besonders nach Wiederbeginn als spielentscheidend. Hatten die Leipziger in der ersten Hälfte mit streckenweisen Direktkombinationen immer wieder für ausgeglichenes Feldspiel gesorgt, waren sie in dieser Zeit mehrfach gefährlich vor Bräunlichs Gehäuse aufgetaucht, so verlor ihr Sturmspiel später immer mehr an Druck und Kraft. Ihr Spiel verlor sich in die Breite. Umständlichkeit zog ein, und ihre Aktionen büßten mehr und mehr an Zügigkeit ein, weil das Direktspiel, zu Beginn so gut praktiziert, kaum noch zu sehen war. So wurde Bräunlich weit weniger ernsthaft geprüft als Weigang im Tor der Leipziger. Dynamo, gestützt auf seine konsequente und schlagsichere Abwehr, in der Stumpf eine prächtige Partie bot, spielte von Beginn an druckvoller, stürmte kraftvoller und schoß mehr und besser.

Schon in der 5. Minute hatte der Sturm seine erste ganz große Szene, als Schnaase den Ball an der Strafraumgrenze herunternahm, und einen Schuß losließ. der mit unheimlicher Schärfe an die Latte krachte. Wenig später streckte ein Schröter-Schuß sogar den stämmigen Faber zu Boden, und ein Heine-Freistoß, abgefälscht von Trojan, konnte von Weigang nur mit Mühe zur Ecke gelenkt werden. Die Mühe der Dynamo-Elf wurde in der 41. Minute belohnt, als sich Schnaase und Linksaußen Geserich geschickt im Kurzpaß durchspielten, Schnaase den Ball maßgerecht in den Lauf gespielt bekam, Faber überlief und den Ball an dem herausstürzenden Weigang vorbei überlegt ins lange Eck schob. Der kleine Mittelstürmer war es auch, der im weiteren Verlauf des Spiels für ständige Unruhe und Gefahr im Leipziger Strafraum sorgte. Faber hatte seine liebe Mühe mit ihm. Das entscheidende Tor besorgte Läufer Mühlbächer.

In der 67. Minute erlief er sich einen Fehlpaß eines Leipzigers, legte sich den Ball zurecht und schoß aus etwa 30 Metern beherzt ab. Weigang berechnete den Aufsetzerball verkehrt, und über den sich werfenden Tormann flog das Leder ins Netz. Die mögliche Resultatserhöhung hatte Klingbiel vor den Füßen, aber der Rechtsaußen, dem an diesem Sonntag nur wenig gelang, vermochte es nicht, allein vor Weigangs Gehäuse auftauchend, den Rotation-Schlußmann zu überwinden. So erwies sich die linke Angriffsseite Dynamos als wirkungsvoller, zumal der einsatzfreudige Geserich, immer wieder steil geschickt, von seinem Widerpart Herzog nicht immer so sicher gehalten werden konnte, wie Klingbiel vom Linksverteidiger Pfeufer. Der Elan, mit dem Dynamo zu Werke ging, flaute auch mit zunehmender Spieldauer nicht ab.

Die Mannschaft hatte die Kraft, ihr Spiel auch unter den schwierigen Bedingungen, die der harte Schneeboden an alle Akteure stellte, sicher zu Ende zu spielen. Und je mehr sich die Leipziger in umständlichen Aktionen verzettelten, desto sicherer wurden die Handlungen der Berliner. Ihre Abwehr hatte mit dem meistens nur vier Mann starken Rotation-Sturm. in dem nur der kleine Schäfer bis zum Schluß wirkungsvoll blieb. keine allzu große Mühe. Auch der energische Schlußspurt der Leipziger, in dem sie ihre Gefährlichkeit noch einmal andeuteten. konnte Heine und seine Nebenleute nicht ins Schwimmen bringen. Der volle Erfolg der Dynamo-Elf läßt die Berliner Anhängerschar hoffen. Er bringt sie ein gutes Stück an die Spitze heran und führt in der Tabelle zu einem Platztausch mit dem SC Rotation.

SC Dynamo Berlin:
Bräunlich; Stumpf, Heine, Skaba; Mühlbächer, Bley, Klingbiel; Unglaube, Schnaase, Schröter, Geserich
SC Rotation Leipzig:
Weigang; Herzog, Faber, Pfeufer; Fettke, Geisler, Engelhardt; Trojan, Behla, Zerbe, Schäfer

1:0 Schnaase             (41.)
2:0 Mühlbächer           (67.)

Schiedsrichter:          Vogel (Karl-Marx-Stadt)
Zuschauer:               1.500

Willi Conrad, Neue Fußballwoche, 15.01.1963