07. Spieltag 1962/63: SC Empor Rostock - SC Dynamo Berlin 2:1

Würdig eines Spitzenschlagers / Hier Kleiminger, Pankau - dort Schröter, Maschke die Initiatoren ihrer Mannschaften
Ein Spitzenschlager, der viel versprach und - das ist ein hohes Lob - alle Erwartungen erfüllte. Der Feinschmecker technischen Spiels kam genauso zu seinem Recht wie der Freund kampfreicher Strafraum- und Torszenen. Spiel und Kampf standen in harmonischem Verhältnis zueinander. Daß der Kritiker geneigt ist, von einem gutklassigen Spiel, von prächtigen Leistungen zu sprechen, fällt ihm um so leichter, weil dies beide Mannschaften bewiesen, weil beide stark auftrumpften, weil Wirkung und Gegenwirkung gegenüberstanden. Hier spielte nicht einer bleibend auf, und der andere ließ ihn gewähren. Jeder spielte seine Stärken aus, bei jedem wechselten beeindruckende Szenen mit schwächeren Momenten ab.

Aber niemals kam eine Leere ins Spiel. Mal kehrte die eine, mal die andere Seite ihr schönes Gesicht hervor. Wer in diesem Spiel ruhig blieb, nicht mitgerissen wurde, der hat sein junges Herz verloren. Der Spitzenreiter begann drangvoll, erkämpfte eine Torchance nach der anderen. Und das, obwohl Heine, Skaba, Mühlbächer und Stumpf von Beginn an voll da waren, sich keine unnützen Blößen gaben. Aber da waren Fankau, Kleiminger, die klug und energisch operierten, die ihren Nebenleuten die Wege wiesen, sie mit Bällen geschickt versorgten. Da waren Barthels, Drews, die von den Flügeln her entschlossen stürmten, da wartete der quirlige Wittenbecher in der Mitte auf seine Chance. Doch die Dynamo-Abwehr wird nicht zu Unrecht ob ihres Stellungsspieles, ihrer Erfahrung und Cleverneß gerühmt. Hier stand einer der stärksten Abwehrblöcke unserer Oberliga, ja wohl der derzeit beste, und das mußte auch Empor respektieren!

So wurde das Rostocker Angriffsspiel nach den stürmischen 20 Anfangsminuten ruhiger, aber nicht nur das: Es büßte an Geradlinigkeit, Schneid ein. Nun wurde zu langsam das Mittelfeld überbrückt, gingen einige Spieler - Drews, Leeb - zu weit in die eigene Hälfte zurück. Sie fehlten vorn, und mit drei, vier Mann, das mußte Empor erkennen, war den Gästen noch weniger beizukommen. In den letzten 10 Minuten vor der Pause stürmte daher Empor wieder mit voller Kraft, und Sekunden vor der Pause gelang Wiltenbecher tatsächlich per Kopf nach einem Eckball Kleimingers das 1:0. Drei Minuten nach dem Wiederanpfiff erhöhte Minuth auf 2:0, als Heine seinen wohl einzigen Fehler des Spieles beging. Rostock bot vor der Pause sehenswerte, ja mitunter mitreißende Züge.

Nach dem Wechsel aber kam Dynamo, durch den 0:2-Rückstand keineswegs erschüttert. Schröter und Maschke. schon vorher durch ihre Gegenschläge weit aus der eigenen Deckung heraus, gefahrvolle Momente heraufbeschwörend, sorgten nun durch ihr kluges, genaues Spiel bei hohem Einsatz für schnelle, direkte Angriffe. Diese erhielten zwar nicht den Schönheitspreis wie Empor zuvor, waren aber nicht minder zweckmäßig, gefahrvoll angelegt, zumal in Geserich, Klingbiel und Schnaase verständige, ehrgeizige, junge Stürmer zur Seite standen und Mühlbächer, der prächtige Zerstörer, nach vorn eilte, auf seine Schußstärke, seine Kopfbälle vertrauend. Großartig präsentierte sich wieder Kapitän Günter Schröter, dessen Kämpferherz und dessen Laufpensum und Schnelligkeit (!) enorm waren. Zapf, Schröbler, die Kostocker Deckung insgesamt, hatte nun genug Gelegenheit, sich zu bewähren.

SC Empor Rostock:
Schröbler; Sackritz; Zapf, Wrack, Pankau; Minuth, Barthels, Leeb; Wittenbecher, Kleiminger, Drews
SC Dynamo Berlin:
Bräunlich; Stumpf, Heine, Skaba; Mühlbächer, Maschke, Klingbiel; Bley, Schnaase, Schröter, Geserich

1:0 Wittenbecher         (45.)
2:0 Minuth               (48.)
2:1 Schröter             (53.)

Schiedsrichter:          Haack (Karl-Marx-Stadt)
Zuschauer:               30.000

Wolf Hempel, Neue Fußballwoche, 02.10.1962