04. Spieltag 1962/63: SC Dynamo Berlin - SC Motor Karl-Marx-Stadt 4:0

Motors Grenzen aufgezeigt / Wieder in der ersten Halbzeit Vorentscheidung für den SC Dynamo
Nun stellte sich auch der zweite Neuling in unserer Oberliga in Berlin vor, und man muß gleich vorn weg sagen, daß der SC Motor einer vor allem in der ersten Halbzeit gut aufgelegten Dynamo-Mannschaft nur wenig entgegenzusetzen hatte. Wie zu erwarten, bestimmten die Berliner Volkspolizisten gleich von Beginn an das Spielgeschehen. Auf eine kluge Abwehr vertrauend, zogen sie ihre Kreise; und es war nur eine Frage der Zeit, wann es zum ersten Mal bei Löschner einschlagen würde. In den ersten 20 Minuten kamen die Gäste nur selten vor das von Bräunlich mit Auszeichnung gehütete Gehäuse. Deutlich war aber auch zu erkennen, daß die Karl-Marx-Städter nicht mit der unrühmlichen Defensiveinstellung in die Hauptstadt gekommen waren, sondern - wie es der Trainer Werner schon vor dem Treffen sagte - das Spiel suchten.

Wenn sie dies bis 30 Minuten vor dem Ende nicht landen, war der bis zu diesem Zeitpunkt fast ohne Tadel laufende Berliner "Dynamo" in erster Linie der störende Punkt, Hinzu kamen die Unzulänglichkeiten im Motor-Sturm, in dem nach der Pause nur Vogel einigermaßen aufspielte. Ansonsten waren die Aktionen von Hübner, Steinmann und Schuster nur Stückwerk. Von beiden Gästeläufern war Schmidt der stärkere, obwohl er sich oft unreiner Mittel bediente. Die Berliner diktierten im ersten Spielabschnitt eindeutig das Spielgeschehen, spielten gekonnt über die Flügel und waren in jeder Angriffsaktion - unterstützt von der vorzüglichen Läuferreihe Mühlbächer Maschke - gefährlich. Der stark beschäftigte Löschner mußte dann in der 17. Minute das erste Mal hinter sich greifen. Mühlbächer hatte den Ball klug über die Abwehr zu Schmidt gehoben, dieser lief etwa fünf Meter mit dem Leder, schoß urplötzlich von halbrechts ab ins entlegene Eck.

Eine Minute später behielt die Motor-Abwehr wieder nicht klaren Kopf. Mit letztem Einsatz erkämpfte sich Schröter auf der rechten Seite das Leder, gab fallend in die Mitte, wo mehrere Beine den Ball berührten, der zu Schnaase kam, der aus vier Meter verwandelte. Nach diesem Treffer spielten dann die Männer um Heine und Schröter begeisternd auf, dem Aufsteiger die Grenzen aufzeigend. Zu dieser Zeit hätte der nicht immer die Übersicht behaltende Holzmüller seine jungen Spieler formieren müssen, hätten Vogel und Freitag mehr zur Entlastung der hinteren Reihen leisten müssen. So aber legte Dynamo durch diese beiden vorentscheidenden Tore wieder in der ersten Halbzeit den Grundstein für den auch in dieser Höhe verdienten Sieg. Die Mannschaft zeigte auf allen Posten eine ausgeglichene Leistung. Vor allem die technische Perfektion der Berliner konnte beeindrucken, diese Elf erbrachte eindeutig den Nachweis, daß die besseren fußballerischen Qualitäten auf ihrer Seite lagen.

In diesen Punkten hatten die Gäste einen nur zu deutlich werdenden Nachteil. Herbert Maschke - seit Beginn dieser Meisterschaft in guter Verfassung - machte sich selbst das schönste Geburtstagsgeschenk, indem er nach Kombination zwischen Schröter, Schnaase, Bley den Ball erhalten hatte, klug in die sich bietende Gasse startete und flach einschoß. Vorher hatte der schnelle Geserich nach weiterer Flanke von Schmidt durch Kopfball das 3:0 erzielt. Die Gäste kamen in den letzten 25 Minuten besser ins Spiel, konnten aber mit ihren durchsichtigen Angriffen die jederzeit sichere Dynamo-Abwehr nicht überwinden. Heine spielte in großartiger Verfassung und hatte um sieh herum ebenso sichere Unterstützung bei seinen Mannschaftskameraden. Erstaunlich gut zog sich Verteidiger Stumpf gegen den Linksaußen Vogel aus der Affäre, der seine Gefährlichkeit vermissen ließ.

SC Dynamo Berlin:
Bräunlich; Stumpf, Heine, Skaba; Mühlbächer, Maschke, Schmidt; Bley, Schnaase, Schröter, Geserich
SC Motor Karl-Marx-Stadt:
Löschner; Rüdrich; Holzmüller, Patzer, Schmidt; Winkler, Schuster, Steinmann; Hübner, Freitag, Vogel

1:0 Schmidt              (15.)
2:0 Schnaase             (18.)
3:0 Geserich             (34.)
4:0 Maschke              (61.)

Schiedsrichter:          Bergmann (Hildburghausen)
Zuschauer:               4.000

Manfred Hinz, Neue Fußballwoche, 04.09.1962