30. Spieltag 1961/62: SC Dynamo Berlin - SC Empor Rostock 1:1

Die "Alten" gaben das Beispiel! / Hier Kurt Zapf, dort Günter Schröter vorbildlich für ihre Mannschaften / Kämpferischer Einsatz übertraf den Kombinationsfluß
Diese Betrachtung über das wichtige Treffen des Tabellenführers gegen einen seiner hartnäckigen Verfolger muß vor allem unter einem Gesichtspunkt niedergeschrieben werden: Hier, da es um sehr viel ging, gaben auf jeder Seite die alten und bewährten Spieler das Vorbild, wirkten ihre hervorragenden Leistungen auf den Ablauf der 90 Minuten ein. Unterschiedlich in der Art und Weite, aber im Erfolg und in der Gesamtwirkung kaum zu differenzieren, erfüllten sie ihr Pensum im Rahmen der Mannschaft. Widmen wir uns ihnen und versuchen wir abzuleiten, welchen Einfluß sie auf die Konzeption ihrer Kollektive nahmen. Da wäre zuerst Kurt Zapf zu nennen. Seine Nennung zuerst kommt keiner Abstufung gleich. Vielleicht war seine Rolle gerade an diesem Tag die wichtigste beim SC Empor. Man wird sich erinnern: Als es an gleicher Stätte im Pokal zu bestehen galt, erlitt der Rostocker Club mit 1:5 eine herbe Schlappe, die genügend Schlußfolgerungen offenließ.

Die wichtigste lautete für den zweiten "Aufgalopp": Besser bestehen, zumindest einen Punkt holen! Dieser Vorsatz strahlte aus auf die gesamte Mannschaft, beflügelte Einsatzfreude sowie die kämpferischen Impulse und war bestimmend in jeder Phase des Treffens. Der Mittelverteidiger gab durch seine Partie das Vorbild. Mehr noch: Seine klassereine Haltung, das stets faire und harte Aufbäumen in jeder Lage rissen die Nebenleute mit. Ob im direkten Zweikampf mit Dynamos Mittelstürmer Bley, ob in jenen Augenblicken, da es tut anderen Positionen auszuhelfen galt, stets tat Kurt Zapf dies mit bewährter Umsicht und der Erfahrung des vielgeprüften Akteurs. Da muß aber gleichlautend der Name auf gegnerischer Seite aufgeführt werden: Günther Schröter! Keiner war so oft am Ball wie der Dynamo-Halblinke. Allein diese Tatsache unterstreicht die Begeisterungsfähigkeit am Spiel und seine Lauffreudigkeit.

Doch stimmte die kluge Handlungsweise des Halbstürmers nicht überein mit seinem prachtvollen kämpferischen Aufwand? Ohne jeden Zweifel ja! Sicher mußte Schröter gerade in diesem Treffen, da auf entscheidenden Positionen (Becker, Wolff) doch noch ein Ausgleich zu schaffen war, mehr bringen als gewöhnlich, um seiner Mannschaft altgewohnte Sicherheit zu vermitteln. Das tat er in jeder Phase, später in diesem Bestreben wirkungsvoll unterstützt von seinem linken Läufer Maschke. Und auch Schröters sportliche Haltung bewies sich, gerade den jüngeren, unerfahrenen gegenüber, mehr als einmal. Typisch dafür war jene Szene Mitte der zweiten Halbzeit, die Schröter beruhigend auf den jungen Wolff einsprechen sah, der nach mißlungener Aktion sicherlich von manch anderem mit hartem Vorwurf bedacht worden wäre ...

So nahmen die beiden "Strategen" wesentlichen Einfluß auf Spiel und Ergebnis. Doch in gleichem Maße, wie ihr Können überzeugend und wirkungsvoll für das eigene Kollektiv wirkte, fehlte aber in vielen Fällen die ideale Ergänzung und Abstimmung auf beiden Seiten, die allein erst zum Prädikat "Gut" hätte führen können. Kämpferische Haltung und körperlicher Aufwand befriedigten wohl, aber die spielerischen Ansprüche blieben über weite Strecken unerfüllt. Die Ungenauigkeiten im Mittelfeld, das mangelhafte Verständnis im Zuspiel und die oftmals unkontrollierten Weitschläge in den "toten" Raum verhinderten wiederholt den Fluß der Kombinationen. Zwar versuchten vor allem Pankau und Kleiminger auf der einen sowie Maschke und Schmidt auf der anderen Seite, die Ergänzung zu schaffen, doch ihre Bemühungen hatten nur in den seltensten Fällen Erfolg.

Bemerkenswert auch das: Selten nur nahmen beide Mannschaften Einfluß auf die Spielweise Ihrer sehr gefürchteten und zugleich gefährlichsten Stürmer: Der SC Empor versäumte es, seinem schnellen Linksaußen Drews Raum und damit Tormöglichkeiten zu schaffen, und auf Dynamos linker Flügelseite war Klingbiel ebenfalls nur selten die gefahrbringende Angriffsspitze. Die Bestätigung dafür, wie wirkungsvoll man gerade diese beiden Spieler hätte einbeziehen müssen, gaben die beiden Treffer: Zuerst stand der Rostocker "Flügelmann" goldrichtig, um eine Eingabe direkt zu verwenden, dann bedankte sich Klingbiel im Gegenzug für die sauber geschlagene Vorlage seines Mittelstürmers Bley, indem er den Ball aus vollem Lau! unter die Latte schmetterte. Wie viel mehr hätte man doch gerade auf diesen Positionen herausholen können.

SC Dynamo Berlin:
Marquardt; Dorner, Heine, Skaba; Becker, Maschke; Schmidt, Wolff, Bley, Schröter, Klingbiel
SC Empor Rostock:
Schröbler; Rump, Zapf, Wruck; Pankau, Weber; Ernst, Bialas, Madeja, Kleiminger, Drews

0:1 Drews                (72.)
1:1 Klingbiel            (73.)

Schiedsrichter:          Bergmann (Hildburghausen)
Zuschauer:               10.000

Dieter Buchspieß, Neue Fußballwoche, 27.03.1962