18. Spieltag 1961/62: SC Empor Rostock - SC Dynamo Berlin 2:1

Im Schlußspurt Sieg gesichert / Rostocker verwandelten Torrückstand in Sieg / Dramatisches Treffen vor 30.000
Zweifellos war das Treffen zwischen SC Empor und der Berliner Elf das Spitzenspiel der Oberliga. Das unterstrichen nicht nur 30.000 Zuschauer im ausverkauften Ostseestadion, das bewiesen alle Akteure auf dem Rasen. Kämpferisch waren sie kaum zu überbieten, aber auch in spielerischer Hinsicht verriet das Treffen Klassemerkmale. Hinzu kam eine seltene Dramatik, die vom 0:1-Rückstand der Rostocker schließlich zum verdienten 2:1 der Platzbesitzer führte. Hoch war der Einsatz, denn die Rostocker wollten ihre Spitzenposition festigen. Und der SC Dynamo? Er mühte sich, um den Anschluß, kämpfte, wollte ein weiteres Zurückfallen vermeiden. Deshalb überraschte uns auch nicht die Taktik der Hauptstädter. Sie orientierten sich auf eine verstärkte Abwehr. Mühlbächer blieb zur Sicherung des eigenen Strafraums zurück, Maschke verließ kaum das sicherscheinende Bollwerk. Im Mittelfeld zogen Schröter und Klingbiel ihre Kreise. Mit raumöffnenden Pässen versuchten sie, die schnellen Sturmspitzen Quest und Hofmann ins Feuer zu schicken.

Diese Defensivtaktik schien aufzugehen, zumal die körperlich starke Dynamo-Abwehr ohne Risiko zu Werke ging und bei den oftmals hohen Rostocker Eingaben ihren kleinen Gegenspielern überlegen war. Die Rostocker besaßen das, was einen souveränen Tabellenführer auszeichnet. Sie hatten die Kraft und die Mittel, um den Berliner Führungstreffer nicht nur abzugleichen, sondern gegen eine so außerordentlich starke Dynamo-Elf noch den Sieg zu erzwingen! Mitten hinein in die Rostocker Druckperiode kam Dynamos Konterschlag. Einem Steilpaß zum rechten Flügel folgte sofort der Querpaß. Der quirlige Quest, der sonst klar von Wruck beherrscht wurde, jagte heran und vollendete. Bereits der Gegenstoß führte schon zum Ausgleich. Drews schickte Barthels in die Gasse, der Noske keine Chance ließ (1:1). Im Hexenkessel des Ostseestadions zeigte sich nun die physische Stärke der Rostocker. Sie hielten den Ball, wenn es erforderlich war. Sie brachten die gefährlichen Pässe, wenn die Achillesferse der Berliner deutlich wurde.

Sie war bei Verteidiger Stumpf. Er war nicht schnell genug, um einen Barthels entscheidend zu bremsen oder dem oftmals nach rechts ausweichenden Kleiminger Einhalt zu gebieten. Stopper Heine mußte mit hinaus auf den Flügel, seinen Kameraden aushelfen. Maschke schloß mehr als einmal dann das entblößte Zentrum. Die Dramatik erreichte ihren Siedepunkt. Härter wurden die Zweikämpfe, noch packender die Strafraumszenen. Kaum hatte Madeja, der für den so unerhört fleißigen Leeb ins Spiel kam, das Feld betreten, da fiel die Entscheidung. Auf dem linken Flügel jagte Kleiminger davon. Er ließ Maschke stehen, ging auch an Dorner vorbei. Von der Grundlinie kam sein mustergültiger Paß. Madeja nahm ihn auf und schmetterte ihn volley ins Eck. 83 Minuten hofften die Berliner auf eine Punkteteilung. 83 Minuten waren sie dem Ziel so nahe, dann aber schlug der Spitzenreiter noch einmal zu, zerstörte durch Madejas Treffer die Hoffnungen. Viel zu souverän waren die Rostocker in den Schlußminuten, um sich diesen so schwer erkämpften Sieg noch entreißen zu lassen.

SC Empor Rostock:
Heinsch; Zapf, Wruck, Söllner; Weber, Minuth; Barthels, Bialas, Leeb (78. Madeja), Kleiminger, Drews
SC Dynamo Berlin:
Noske; Dorner, Heine, Stumpf; Maschke, Mühlbächer; Hofmann (70. Thiemann), Bley, Quest, Schröter, Klingbiel

0:1 Quest              (65.)
1:1 Barthels           (65.)
2:1 Madeja             (83.)

Schiedsrichter:        Vetter (Schönebeck)
Zuschauer:             30.000


Rolf Rautenberg, Neue Fußballwoche, 26.09.1961