15. Spieltag 1961/62: SC Rotation Leipzig - SC Dynamo Berlin 4:3

Diese Steigerung hatte keiner erwartet / Gäste führten schon 3:1 / Heines Selbsttor ermunterte Rotation
Hand aufs Herz und ehrlich gestanden: Wer von den 5.000 Zuschauern in Leipzig hätte zur Pause diesen kämpferischen Ausbruch und diese spielerische Steigerung der Rotation-Elf noch erwartet? Zu sicher beherrschten die Berliner den SC Rotation in den ersten 45 Minuten, als daß man noch an eine Wende zu glauben wagte. Der Dynamo-Sturm griff so stürmisch, so beherzt, respektlos an, daß der Leipziger Deckung das "Herz in die Hosen rutschte". So unsicher wie in den ersten 45 Minuten diesmal haben wir die Leipziger Deckung schon lange nicht gesehen. Schmidt lief Pfeufer davon, Klingbiel Trojan; Faber hatte im Zentrum seine liebe Not, zumal sich Dorner in ungewohnter Umgebung sofort sehr agil, explosiv zeigte. Und da das Läuferpaar Jahn Fettke nicht für die so dringend notwendige Entlastung sorgte, hatte sich der Gastgeber erbittert rasch folgender Gegenschläge zu erwehren. Bley-Maschke (sein Zuspiel war anfangs unbefriedigend, später bedeutend verbessert) sorgten unermüdlich für den Angriffsdruck.

Auf der Gegenseite sah sich der Rotation-Angriff auf sich allein gestellt: aus der Abwehr, vom Läuferpaar, kam keine Unterstützung. Mit der 3:1-Führung als Unterpfand ließ Dynamo nach der Pause in seiner Konzentration, in seinem kraftvollen Spiel nach. Wenn man sich des Erfolges bereits sicher wähnte, so erlebten die Berliner eine bittere Überraschung. Nach Trainer Schwendlers Kabinenpredigt zur Pause spielte ein ganz anderer SC Rotation auf. Faber und Pfeufer strahlten wieder Sicherheit und Übersicht aus, im Erfassen der Situation, im Zweikampf. Der für den verletzt ausscheidenden Zerbe hereingenommene Ex-Juniorenspieler Liesewicz sorgte im Zusammenwirken mit Trölitzsch für ein druckvolles, schnelles Steilspiel, und Schäfer und Engelhardt gingen auf ihre Ideen ausgezeichnet ein. Und sie fanden auch die Lücken in der Dynamo-Abwehr, deren eigener Sturm keine Explosivität, keine Gefährlichkeit mehr ausstrahlte. Zwei Debütanten begrüßten wir diesmal im Rotation-Angriff. Schäfer und Liesewicz, beide hinterließen einen hoffnungsvollen Eindruck, auch wenn ihnen verständlicherweise manches fehlte.

SC Rotation Leipzig:
Klank; Trojan, Faber, Pfeufer; Jahn, Fettke; Engelhardt, Trölitzsch, Weigel, Zerbe (40. Liesewicz), Schäfer
SC Dynamo Berlin:
Noske; Hofmann, Heine, Skaba; Bley, Maschke; Schmidt, Gadow (63. Nebeling), Dorner, Schröter, Klingbiel

0:1 Heine              ( 6.)
1:1 Trölitzsch         ( 9.)
1:2 Dorner             (10.)
1:3 Schmidt            (39.)
2:3 Heine              (73., Eigentor)
3:3 Schäfer            (79.)
4:3 Trölitzsch         (84.)

Schiedsrichter:        Kunze (Karl-Marx-Stadt)
Zuschauer:             5.000


Wolfgang Hempel, Neue Fußballwoche, 05.09.1961