14. Spieltag 1961/62: SC Motor Jena - SC Dynamo Berlin 5:1

Direktspiel entnervte SC Dynamo / Großartige Leistung der Zeiß-Städter / Wieder erzielte Peter Ducke drei Tore
Es scheint mittlerweile zu einer unglücklichen Tradition zu werden, daß der SC Dynamo jeweils bei Meisterschaftsstart unangenehm überrascht. Der klaren Niederlage gegen den SC Empor im Frühjahr folgte diesmal ein nicht weniger eindeutiger "Einbruch" gegen den SC Motor. Dabei hätte man vor dem Anpfiff schwer behaupten können, in dieser Begegnung gelte Dynamo oder Jena als Favorit, derart offen erschien dieser Vergleich. Doch der Trugschluß offenbarte sich schon in den Anfangsminuten in seiner ganzen Tragweite. Dynamo schien einfach die kurzen Ferien noch nicht verdaut zu haben. Gegenüber den Zeiß-Städtern, die frisch, locker aufspielten, wirkten die Berliner träge, schwerfällig, ja, unkonzentriert. Dem erschreckenden Unterschied in der körperlichen Verfassung folgten zwangsläufig eindeutige Nachteile im spielerischen Vermögen. Dynamo war durch die fünf Tore der Jenaer gegen Erfurt an sich gewarnt.

Offenbar hoffte man, durch eine Sonderbewachung Mühlbächers dem ungemein drangvollen Peter Ducke einen guten Teil seiner Wirksamkeit zu nehmen. Bley wurde zusätzlich nach hinten beordert, und so glaubte Dynamo, mit verstärkter Deckung dem zu erwartenden Angriffswirbel des Pokalsiegers begegnen zu können. Doch diese Kalkulation der Berliner erwies sich als falsch. Denn nur eines erreichten sie dadurch, sie schwächten den eigenen Angriff! Die Abwehr zeigte sich trotz der Aushilfe von Bley den weiträumigen Direktkombinationen Jenas in keiner Phase des Spieles gewachsen. Noch nie haben wir die Jenaer derart wirkungsvoll, derart zwingend aufspielen sehen. Von Fritzsche bis zum Wirbelwind Kirsch zeigten sich ausnahmslos alle Spieler in einer blendenden Verfassung. Gegen die an sich clevere Dynamo-Abwehr bewiesen sie aber auch, daß sie spielerisch erhebliche Fortschritte gemacht haben.

Großartig, wie Marx (seine Pässe in den freien Raum riefen stets höchste Gefahr in der Dynamo-Abwehr hervor) und Meyer ihr Sturmspiel ankurbelten, begeisternd, wie sich H. Müller in die Rolle des Einfädlers hineinfand, glänzend vor allem, wie der quirlige, unberechenbare Kirsch, wie der feine Techniker R. Ducke und wie schließlich der unbeschreibliche Leistungen bietende P. Ducke diese kluge Aufbauarbeit aus der Abwehr heraus zu einem Sturmwirbel entfalteten. Der junge Ducke scherte sich nicht im geringsten darum, daß er Mühlbächer und oft noch zusätzlich Heine gegen sich hatte. Er beschäftigte beide ausgiebig und ließ sie nach Belieben leerlaufen. Daß er drei der fünf Tore, eines schöner als das andere, erzielte, spricht ausdrücklich für sein wirkungsvolles Spiel. Dabei bewies Peter auch, daß er sehr viel dazugelernt hat, daß vor allem sein Blick für den besser postierten Nebenmann gereift ist.

SC Motor Jena:
Fritzsche; Otto, Stricksner, Woitzat; Marx, Eglmeyer; R. Ducke. Müller, P. Ducke, Lange, Kirsch
SC Dynamo Berlin:
Noske; Dorner, Heine, Skaba; Mühlbächer, Maschke; Schmidt (46. Gadow), Bley, Hofmann, Schröter, Klingbiel

1:0 P. Ducke           (18.)
2:0 Kirsch             (26.)
3:0 P. Ducke           (34.)
4:0 P. Ducke           (57.)
5:0 Müller             (84.)
5:1 Schröter           (85.)

Schiedsrichter:        Vetter (Schönebeck)
Zuschauer:             4.500


Horst Friedemann, Neue Fußballwoche, 29.08.1961